Sieker
Sieker
Die Regenwasserexperten

Versickerungsmulden

Prinzip

Die Muldenversickerung ist eine dezentrale Versickerungsmaßnahme mit kurzzeitiger oberirdischer Speicherung des Regenwassers in dauerhaft begrünten, beliebig geformten Mulden. Das anfallende Regenwasser wird über oberirdische Rinnen einer Geländevertiefung (Mulde) zugeführt, deren Tiefe zwischen 20 und 30 cm beträgt.

Die Entleerung der Mulde erfolgt durch zwei Prozesse:

  • Versickerung und

  • Verdunstung

Der Boden unterhalb der Mulde sollte möglichst sickerfähig sein, damit sich die Mulde innerhalb eines Tages wieder entleeren kann.

Anwendungsbereich/Einschränkungen

Das System eignet sich für die Entwässerung von Dach-, Hof- und Verkehrsflächen. Die Muldenversickerung wird i.d.R. dann angewendet, wenn der Boden einen ausreichend guten Infiltrationswert aufweist (i.d.R. kf > 2*10-6 m/s) und genügend Grünfläche zur kurzzeitigen Speicherung zur Verfügung steht (ca. 10-20% der angeschlossenen befestigten Fläche).

In Gebieten mit geringem Grünflächenflächenanteil ist eine reine Muldenversickerung oft nicht zu realisieren. Hier bietet sich ein Mulden-Rigolen-System an.

Die technische Umsetzung ist verhältnismäßig einfach. Bei Neubau ist die Versickerung der Ableitung nach Wasserhaushaltgesetz vorzuziehen und bei der Planung von Neubaugebieten grundsätzlich zu berücksichtigen. Bei Abkopplung im Bestand z.B. in Wohngebieten wird die Muldenversickerung bei Gebäuden mit außenliegenden Fallrohren bevorzugt angewendet.

Quantitative Wirkung auf den Wasserhaushalt

Durch die Anwendung der Muldenversickerung wird im Vergleich zur Ableitung der Direktabfluss reduziert und die Wasserbilanz zu Gunsten der Versickerung verschoben. Die Verdunstung erhöht sich durch die Mulde nur geringfügig. Ein Überlauf in ein Kanalnetz existiert in der Regel nicht.

Wasserbilanz einer Muldenversickerung

Schadstoffreduktion bzw. -rückhalt

Das zufließende Regenwasser wird vollständig über die belebte Bodenzone versickert. Die Reinigungsleistung ist der belebten Bodenzone ist mit sehr gut zu bezeichnen. Details dazu in der Fachinformation "Belebte Bodenzone".

Planung, Bemessung, Bau

Die vereinfachte Bemessung einer Versickerungsmulde erfolgt nach DWA-A 138 und nach den Vorgaben des geforderten lokalen Entwässerungskomforts (analog zum Kanalnetz). Die zulässige Versagenshäufigkeit liegt je nach Standort (Innenstadt, Außenbezirk) zwischen n=0.2 (einmal in fünf Jahren) und n=0.5 (einmal in zwei Jahren).

Besser als das vereinfachte Verfahren nach DWA-A 138 ist ein Nachweis mittels Langzeitsimulation, die inzwischen mit verschiedenen Softwareprogrammen (z.B. STORM) durchgeführt werden kann.

Die benötigte Fläche für eine Muldenversickerung ist neben den klimatischen Ausgangsbedingungen abhängig von der anzuschließenden befestigten Fläche sowie der gewählten Tiefe und der Böschungsneigung der Mulde.

Beim Bau der Mulden ist die sorgfältige Ausarbeitung einer waagerechten Sohle wichtig, damit besonders bei kleineren Regenereignissen keine ungleichmäßige Verteilung des Wassers auf der Sohle stattfindet. Auf die möglichst flache Ausbildung der Böschungsbereiche muss besonders geachtet werden. Von ihr hängt besonders bei Rasenmulden eine gute optische Einpassung in den weiteren Freiraum und ein geringer Pflegeaufwand ab. Das Böschungsverhältnis sollte zwischen 1 : 2,5 und 1 : 5 liegen. Ein Böschungsverhältnis von 1 : 2,5 bedeutet, dass bei einer Muldentiefe von 20 cm die Böschungsbreite 50 cm beträgt.

Als Pflanzsubstrat für das Muldenbett sollten mindestens 25-30 cm humushaltiger Oberboden vorhanden sein. Bei schweren, mit lehmigen Feinstanteilen angereicherten Oberböden, sollten ca. 30 bis 40 % Fein- bis Mittelsand zugemischt werden. Empfehlungen zur Kornverteilung gibt es bei STECKER (1997).

Die Versickerungsmulden können mit Zierrasen begrünt oder mit Bodendeckern bzw. mit Gehölzen und Stauden bepflanzt werden. Die Vorteile der Rasenbegrünung liegen in der immergrünen, stark durchwurzelten Vegetationsdecke sowie der relativ einfachen Pflege. Als Rasensamenmischung eignen sich viele handelsübliche Standardmischungen. Sie sollten wechselfeuchte Bodenverhältnisse gut verkraften. Gleiches gilt für dicht zu pflanzende Bodendecker. Die Bepflanzung mit Stauden und Gehölzen sorgt dagegen für eine tiefgreifende Durchwurzelung und Lockerung des Oberbodens. Eine dauerhafte Funktion ohne das Auftreten von Verschlämmung der oberen Bodenzone und damit einer Herabsetzung der Versickerungsleistung ist allerdings nur bei einer relativ hohen Anfangsdichte (5-8 Stauden/m²) sowie der Wahl teils immergrüner oder wintergrüner Arten gewährleistet. Durch die Versickerung entstehen keine nennenswerten Einschränkungen für die Verwendung der sonst üblichen (standortgerechten) Pflanzen. In reinen Versickerungsmulden ist auch eine Pflanzung von Bäumen möglich, die wechselfeuchte Verhältnisse vertragen, wie z.B. die Sumpfeiche. Hier ist der Rat einer Baumschule einzuholen.

Unterhaltung, Pflege

Die Vegetationspflege (Rasen oder Stauden und Gehölze) verhält sich entsprechend des sonst üblichen Aufwandes bei einer Freifläche. Wichtig ist das Freihalten der Versickerungsfläche und des Einlaufbereiches von Laub u.ä. Bei Nachlassen der Versickerungsleistung sollte der Rasen vertikutiert werden.

Kosten

Versickerungsmulden können sehr preiswert hergestellt werden. Für einfache Versickerungsmulden inkl. einfacher Zuleitung können ca. 5-7,50 EUR/m² befestigter Fläche veranschlagt werden.

Bezogen auf die Muldenfläche liegen die Kosten bei 35-45 EUR/m² Muldenfläche. Die Kostenangaben beziehen sich auf die reinen Erstellungskosten einer Mulde. Bei Abkopplungsmaßnahmen müssen die Kosten für etwaige Änderung der Zuleitung hinzu gerechnet werden.

Bei der Betrachtung der Herstellungskosten ist zu berücksichtigen, dass Flächen- bzw. Muldenversickerungsanlagen, im Zuge einer Neugestaltung von Freiflächen oder mit Eigenleistung der Grundstücksbesitzer, deutlich preiswerter hergestellt werden können. Ein nicht unerheblicher Anteil der genannten Herstellungskosten ist der Freiraumgestaltung zuzuordnen.

Betriebskosten für die Mulden resultieren  aus der Muldenpflege.

Rechtliches

Für Versickerungsmulden gilt das gleiche wie für andere technische Versickerungsanlagen. Da Regenwasser (sofern es gesammelt abgeleitet wird) rechtlich gesehen Abwasser ist und Grundwasser im rechtlichen Sinne ein Gewässer darstellt, erfüllt die Muldenversickerung den Tatbestand der Gewässerbenutzung. Nach §57 WHG ist ein derartige Einleitung grundsätzlich erlaubnispflichtig, sofern nicht gemäß einer Niederschlagswasser-Freistellungsverordnung die Bedingungen für die Erlaubnisfreiheit gegeben sind. Die meisten Bundesländer verfügen über eine Niederschlagswasserversickerungsverordnung.

Sofern die (Flächen-)Versickerung über die belebte Bodenzone erfolgt und die sonstigen Anforderungen nach dem technischen Regelwerk (hier DWA A138) eingehalten werden, kann von einer Behandlung des Regenwassers nach dem Stand ausgegangen werden.

Literatur

  • DWA (2005): DWA-Arbeitsblatt A 138: Planung, Bau und Betrieb von Anlagen zur Versickerung von Niederschlagswasser. Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e. V., Hennef.

Ohne Versiegelung kein Regen(ab)wasser

‹ zurück

 

 

Wegweiser

Fachinformationen 4 Projekte 3 Produkte 1 Links 2
Autor
Prof. Dr.-Ing. Heiko Sieker
+49 3342 3595-0
h.sieker[at]sieker.de
Dipl.-Geogr. Stephan Bandermann
+49 3342 3595-14
s.bandermann[at]sieker.de