Sieker
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Die Regenwasserexperten

Belebte Bodenzone

Im natürlichen Zustand bewirkt die belebte, obere Bodenzone und die darunter folgende, ungesättigte Bodenzone eine wirksame und dauerhafte Schutzfunktion für das Grundwasser. Dabei spielen vielfältige physikalische, chemische und biologische Rückhalte- und Reinigungsprozesse eine Rolle, die ihrerseits durch die hydrogeologischen und sedimentologischen Gegebenheiten sowie durch die Sickerwassertransportvorgänge beeinflusst werden [REMMLER & SCHÖTTLER, 1997]. Zwar laufen die gleichen Prozesse auch bei der technischen Versickerung ab, allerdings treten hier höhere Schadstoffbelastungen im Zufluss auf   insbesondere bei Straßenabflüssen   und die zu versickernde Wassersäule ist größer.

Schwermetalle werden hauptsächlich durch Sorption, organische Bindung und in untergeordnetem Maß durch chemische Fällungsprozesse im Boden angelagert, worauf der Tongehalt und der Humusgehalt des Bodens einen wichtigen Einfluss haben. Allerdings ist zu beachten, dass der Rückhalt von Schwermetallen im gewissen Maße reversibel ist. Die Ursachen für Schadstoffdurchbrüche sind jedoch weitgehend bekannt (Verschiebungen des pH-Wertes, Taumitteleinsatz) und können bei Planung, Betrieb und Überwachung von Versickerungsanlagen beachtet werden.

Organische Stoffe werden ebenfalls an den Oberflächen von Huminstoffen, Tonmineralen und Eisen- und Manganoxiden des Bodens gebunden. Daneben können Schadstoffe mikrobiologisch abgebaut werden. Es kann davon ausgegangen werden, dass die Abbauleistung mit steigendem Sauerstoff- und Nährstoffgehalt im Boden ansteigt [REMMLER & SCHÖTTLER, 1997].

Die Anforderungen an Versickerungsanlagen sind u.a. eine ausreichende Mächtigkeit der Oberbodenschicht von mindestens 30 cm und eine Begrünung der Anlagen. Der Bewuchs sichert langfristig eine kräftige Durchwurzelung, Sauerstoffversorgung und Wasserdurchlässigkeit und damit auch den Schadstoffrückhalt des Bodens.
Aus dieser Betrachtung wird deutlich, dass eine potenzielle Gefährdung des Bodens und des Grundwassers nicht nur von den Inhaltsstoffen der Niederschlagsabflüsse abhängt, sondern auch im entscheidenden Maße vom Boden selbst, d. h. den physikalischen, chemischen und biologischen Fähigkeiten, Schadstoffe zurückzuhalten.

Die Fähigkeit, Schadstoffe aus dem Niederschlagsabfluss zurückzuhalten, ist in der oberen, belebten Bodenzone generell größer als im tieferen Untergrund. Daraus folgt, dass Flächen- oder Muldenversickerung den unterirdischen Versickerungsverfahren (Schacht-, Rohr-, Rigolenversickerung) vorzuziehen sind, insbesondere bei weniger leistungsfähigen Böden. Durchlässige Pflasterungen (Dränasphalt) sind dabei im Gegensatz z. B. zu Rasengittersteinen von der Wirkungsweise her eher den unterirdischen Versickerungsverfahren zuzuordnen.

Die pauschale Forderung nach einem Abstand zwischen Versickerungsanlage und Grundwasserstand von 1 m, wie sie im DWA Arbeitsblatt A138 [2005] zu finden ist, wird diesem Sachverhalt nicht gerecht . Es ist ein großer Unterschied, ob zwischen einer Flächenversickerung und dem mittleren höchsten Grundwasserstand ein Abstand von 1 m unterschritten wird oder bei einer Schachtversickerung. Der Wert 1 m ist außerdem willkürlich gewählt und nicht näher begründet. Auch die Orientierung an dem mittleren höchsten Grundwasserstand ist fragwürdig. In der Praxis stellen sich derartige Größen als Dogmen dar, die der eigentlichen Intention Regenwasser zu „bewirtschaften“ und optimale Lösungen zu finden, nicht gerecht werden. Beispielsweise ist mit dieser Forderung die Versickerung in Gebieten mit Schichtenwasser oft nicht möglich, da hier sporadisch sehr hohe, teilweise bis an die Geländeoberkante reichende Grundwasserstände auftreten. Derartiges Schichtenwasser bildet sich aber vorzugsweise bei lehmigen oder tonigen Böden, die eine sehr hohe Schutzwirkung gegenüber dem Grundwasser aufweisen.

Literatur

  • MOHS B. [1998]: Nutzung der Regelungsfunktion von Böden bei der Regenwasser-versickerung   Anforderungen und technische Möglichkeiten, DVWK-Schriftenreihe, Heft 122, S. 525ff., DVWK.

  • REMMLER F., SCHÖTTLER U. [1998]: Qualitative Anforderungen an eine naturnahe Regen¬wasser¬bewirtschaftung aus der Sicht des Boden- und Grundwasserschutzes, in: Naturnahe Regenwasserbewirtschaftung, Analytica-Verlag, Berlin

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Wegweiser

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Autor
Prof. Dr.-Ing. Heiko Sieker
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