Sieker
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Die Regenwasserexperten

Überflutungsschutz

Überflutungsgefährdung

Die Tatsache, dass Entwässerungssysteme eine begrenzte Kapazität haben, die üblicherweise auf Regenereignisse mit einer Wiederkehrzeit T von ca. 5 Jahren bemessen ist, führt bei stärkeren Ereignissen zwangsläufig zu deren Überlauf und zu Überschwemmung des umliegenden Geländes. Das Phänomen wird durch die Klimawandelbedingte Zunahme von Starkniederschlägen in Mitteleuropa nochmal verschärft. Dazu kommt noch eine fortschreitende Versiegelung und Nachverdichtung der bebauten Gebiete.

Die Überflutungsgefährdung von Siedlungsgebieten kann mit Fließwegeanalysen sowie hydrodynamischen Kanalnetz- und Oberflächenabflussberechnungen abgeschätzt werden (vgl. Überflutungs- und Hitzevorsorge durch die Stadtentwicklung). Für Siedlungsgebiete gewinnen nun immer mehr die sogenannten Urbanen Gefahrenkarten zur Ermittlung des Überflutungsrisikos an Bedeutung. Sie werden in Anlehnung an die seit Jahren gesetzlich verankerten Hochwasser-Gefahrenkarten (vgl. HWRM-RL) erstellt. Darin fließen einerseits die Ergebnisse der hydrodynamischen Berechnungen, andererseits Daten zur Vulnerabilität von Sonderobjekten. Die Überlagerung beider Art von Informationen führt dann zur Risikoabschätzung. Eine akkurate Risikoanalyse stellt schließlich die Basis für eine effektive Planung von Maßnahmen zur Überflutungsvorsorge bzw. -schutz dar.

Fließwegeanalyse am Beispiel der Stadt Oberhausen

Mögliche Handlungsfelder für Maßnahmen der Überflutungsvorsorge sind:

Abfluss durch Flächenentsiegelung, Begrünung bzw. Versickerung vermindern

Die Entsiegelung von befestigten Flächen trägt zur Reduzierung des Abflusses und daher zur Entlastung der Entwässerungssysteme bei. In Bestandsgebieten kommen in der Praxis zu diesem Zweck vor allem Dachbegrünung von Gebäuden und Rasengittersteine bzw. wasserdurchlässige Pflasterbeläge für Parkflächen zum Einsatz. Dezentral angeordnete Versickerungsanlagen können Starkregenabflüsse schon am Entstehungsort erheblich reduzieren. Die Entlastung ist somit grundsätzlich höher als bei vergleichbar großen Rückhalteräumen am Ende des Kanalnetzes. Auch die Umstellung auf eine gesplittete Abwassergebühr kann finanzielle Anreize für Privateigentümer und Investoren schaffen, die zur Abkopplung von Flächen von der Kanalisation motivieren.

Abfluss rückhalten, verzögern, lenken

Niederschlagsabflüsse können bei schlechten Bodenverhältnissen oder bei geringem Platzangebot in Innenstädten, wo die Versickerung stark eingeschränkt ist, zwischengespeichert und allmählich an das Entwässerungsnetz verzögert abgegeben werden. Die technischen Möglichkeiten der Wasserrückhaltung sind sehr vielseitig. Die Ausführungsvarianten reichen von kleinen Anlagen für den privaten Bedarf (Regentonnen, Teiche) über ortsnahe Systeme (Mulden-Rigolen-Systeme, Rückhaltemulden) bis hin zu den großen Regenrückhaltebecken und Stauraumkanälen.

Der Rückhalteraum obiger Systeme wird anhand eines Bemessungsregens festgelegt. In der Regel wird eine zulässige Überstauhäufigkeit von 5-10 Jahren gewählt. Gesetzlich ist sie in Deutschland allerdings nicht definiert. Die Überläufe bei Niederschlägen, die über den Bemessungsregen hinausgehen, müssen dann anderweitig möglichst schadlos abgeführt bzw. aus Bereichen mit hohem Schadenspotenzial herausgeleitet werden. Die Lenkung dieser Oberflächenabflüsse orientiert sich zwangsläufig an der Topografie des Geländes. Manchmal reichen schon einige zentimeterhohe Hochborde und Abflussschwellen, um Grundstücke effektiv vor Überflutungen zu schützen (z.B. bei Tiefgarageneinfahrten). Seltener kommen höhere Verwallungen zum Einsatz. Voraussetzung für die Maßnahmenplanung sind detaillierte topografischen Vermessungen bzw. hochaufgelöste Geländemodelle mit Erfassung der Bordkanten.

Mulden-Rigolen-System in Berlin – Rummelsburger Bucht

Gebäude und Anlagen sichern

Im §5 des Wasserhaushaltsgesetzes (WHG) steht in Bezug auf Flusshochwasser, dass „Jede Person, die durch Hochwasser betroffen sein kann, ist im Rahmen des ihr Möglichen und Zumutbaren verpflichtet, geeignete Vorsorgemaßnahmen zum Schutz vor nachteiligen Hochwasserfolgen und zur Schadensminderung zu treffen“. Die private Vorsorge sollte weiterhin auch bei der Überflutungsgefahr aus wild abfließendem Wasser und aus dem Überstau von Kanalnetzen gelten. Die technischen Möglichkeiten des Objektschutzes sind verschieden. Sie reichen von baulichen Maßnahmen wie der Abdichtung von Kellertüren, Aufkantung an Lichtschächten, Anbringen von Bodenschwellen an der Einfahrt zu Tiefgaragen und Grundstücken bis hin zum Einsatz von mobilen Schutzelementen (Barrieresysteme). Immer mehr deutsche Gemeinden und Ämter veröffentlichen daher Broschüren, Planungshilfen und Infomaterial zum Umgang, Schutz und Vorsorge vor Überflutungen aus Hochwasser, Starkregen oder Überstau aus dem Kanalnetz. Eine Auswahl hilfreicher Leitfäden bietet der Teil IV der Broschüre Überflutungs- und Hitzevorsorge durch die Stadtentwicklung vom Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR).

 

 

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