Sieker
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Die Regenwasserexperten

Retentionsbodenfilter

Prinzip

Bodenfilterbecken, auch als Pflanzenbeete oder Pflanzenkläranlagen bezeichnet, werden in der Abwasserbehandlung seit längerem als Alternative zum Anschluss an eine zentrale Kläranlage angewendet [PLATZER, 1998]. In den letzten Jahren ist jedoch auch ein verstärkter Einsatz zur Regenwasser- [SCHIRMER et. al. , 1996] und Mischwasserbehandlung [BRUNNER, 1995] zu beobachten. Bodenfilter bestehen aus einem möglichst naturnah gestalteten, offenen Erdbecken mit einer als Filter ausgebildeten, bepflanzten Sohle. Unterhalb des Filters wird eine Drainage angeordnet, die das filtrierte Regenwasser aufnimmt und gedrosselt zum nächstgelegenen Vorfluter oder zu einer nachgeschalteten Versickerungsanlage [PLANUM GMBH, 1999] führt. Die Abdichtung gegen den Untergrund erfolgt durch mineralische Dichtstoffe, Asphalt oder Folien. Aufgrund der begrenzten Filterleistung ist ein Bodenfilter zwangsläufig in Kombination mit einem Retentionsvolumen zu sehen. Der Retentionsraum kann in Form eines Regenrückhalte- bzw. Mischwasserbeckens vorgeschaltet werden oder in das Bodenfilterbecken integriert werden, letzteres wird als Retentionsbodenfilter bezeichnet. In einer Broschüre der Landesanstalt für Umweltschutz, Baden-Württemberg LFU BW [1998] wird die Kombination von Retentionsbodenfilterbecken mit Mischwasserbecken (Fang- oder Durchlaufbecken) favorisiert, da so die Schlammbelastung des Bodenfilters verringert werden kann. Alternativ könnten aber auch Wirbelabscheider oder Siebanlagen angeordnet werden. Ein Drosselorgan am Auslauf der Drainage oder die Filterschicht selbst drosseln den Niederschlagsabfluss - entsprechend der Drossel eines Regenrückhaltebeckens - und aktivieren damit das vorhandene Retentionsvolumen. Durch eine separate Drossel kann die Aufenthaltszeit im Boden und damit die Reinigungsleistung des Bodenfilters erhöht werden. Neben dem Grundablass ist wie bei jedem Regenrückhaltebecken ein Notüberlauf erforderlich. Dem Retentionsbodenfilter ist ein Kontrollschacht und ein Ölabscheider nachzuschalten [BRUNNER, 1996] und eventuell ein Schlammfang vorzuschalten.

Anwendungsbereich/Einschränkungen

Den Flächenbedarf für die erforderliche Filterfläche gibt BRUNNER mit ca. 100 m²/hared an. Diese Größe bezieht sich auf das spezifische Speichervolumen von 80 m³/ha. Bei abweichenden Volumina ändert sich der Flächenbedarf entsprechend.

Wasserwirtschaftliche Auswirkungen

Wird ein Bodenfilterbecken mit den Empfehlungen von BRUNNER [1996] bemessen, bewirkt der Filter eine im Vergleich zu typischen Regenrückhaltebecken relativ starke Drosselung der Abflüsse auf ca. 0,25 mm/h. Bedingt durch das im Vergleich zum RRB geringe Speichervolumen von 80m³/hared ist allerdings die Überlaufhäufigkeit mit ca. 8 Ereignissen/Jahr und der am Bodenfilter vorbei geleiteten Wassermenge mit ca. 17% des Zulaufes relativ groß. Eine direkte Versickerung aus dem Filterbecken in den Untergrund ist nicht erwünscht und wird durch die Abdichtung unterbunden. Der Anteil der Verdunstung ist aufgrund der - im Vergleich zu Versickerungsanlagen - geringen spezifischen Oberfläche eher gering. Schadstoffreduktion, bzw. -rückhalt Die Ablaufkonzentration von Bodenfilterbecken hängt von vielen verschiedenen Faktoren ab, z. B. von Material, Kornverteilung, Dicke und hydraulischer Belastung des Filters oder der Beschaffenheit des Mischwasserzuflusses. Nach [LFU BW, 1998] ist deshalb eine Vorhersage der erzielbaren Ablaufkonzentration nicht möglich. Der Kenntnisstand hinsichtlich des Wirkungsgrades von Durchlaufbecken ist allerdings auch nicht viel besser und dennoch wurden mehrere tausend Becken gebaut [BROMBACH, 1997b]. Um eine Entscheidung für oder gegen einen Bodenfilter treffen, wird der Planer oder die Aufsichtsbehörde nicht umhin kommen, eine Abschätzung der Reinigungsleistung vorzunehmen. Nach MEHLER [1996] können folgende Leistungswerte abgeschätzt werden:

 

Abschätzung der Reinigungsleistung von Bodenfilterbecken [MEHLER, 1996]
SchmutzparameterCSBBSB5NH4-NAFSPO4-P
Abflusskonzentration [mg/l]20-405-100,5-1,510-200,2-0,5
Max. Wirkungsgrad [%]60-8080-9080-9090-9540-60

Kosten

Nach einer Veröffentlichung des LFU Baden-Württemberg [LFU BW, 1998] besteht eine Abhängigkeit der spez. Kosten vom Nutzvolumen (s. Abbildung).

Abb.: Spez. Kosten eines Retentionsbodenfilterbeckens [LFU BW, 1998]

Bei einem spezifischen Speichervolumen von 80 m³/hared und spezifischen Kosten von 300 EUR/m³ ergeben sich flächenspezifische Kosten von 2,40 EUR/m²red.

Betriebskosten, Nutzungsdauer

Trotz der Bepflanzung, deren Wirkung ein regelmäßiges Abschälen des Filters unnötig macht (vergleiche Sandfilter), entstehen auch bei einem Bodenfilter Betriebskosten (Entfernung von Unrat, Säuberung des Einlaufbereichs und der Böschungen, Entfernen abgestorbener Pflanzenteile im Herbst). Literaturangaben über die Betriebskosten von Bodenfiltern konnten nicht gefunden werden. Sie werden etwas höher als bei dezentralen Versickerungsmulden eingeschätzt (ca. 1 EUR/m²/a Filterfläche). Bezogen auf die angeschlossene Fläche errechnen sich damit Betriebskosten von 0,01 EUR/m²red/a. Betriebskosten vorgeschalteter Anlagen sind darin nicht enthalten. Die mittlere Nutzungsdauer von Bodenfilterbecken wird mit 25 Jahren abgeschätzt.

Planung, Bemessung, Bau

Die Bemessung des Retentionsvolumens erfolgt analog zur Bemessung von Regenrückhaltebecken. BRUNNER [1996] schlägt spezifische Speichervolumina von VS " 80 m³/hared und eine spezifische Filterfläche von AF > 100 m²/ha vor. Damit werden die weiteren Bemessungsempfehlungen einer maximalen Stapelhöhe von 40 m/a und einer maximalen Wassertiefe im Filterbecken von tw < 1,0 m i. d. R. eingehalten. Sinnvoller als eine Bemessung nach Faustwerten ist die Anwendung eines Niederschlags-Abfluss-Modells mit einem Systemelement "Bodenfilter" [LFU BW, 1998]. Bodenfilter mit Stapelhöhen von 30?40 m/a sind als hochbelastete Filter anzusehen. Das Filtersubstrat und der Filteraufbau erfordern ebenfalls eine Bemessung und richten sich nach der Zusammensetzung des zu behandelnden Abwassers und nach dem Reinigungsziel. Das LFU Baden-Württemberg [1998] gibt Hinweise zur Wahl des Filtermaterials:

  • Kiessande und Kies entfernen partikuläre Stoffe
  • Karbonathaltige Sande entfernen partikuläre Feststoffe, Keime, gelösten CSB und Ammonium,
  • Meliorierte Sande können partikuläre Feststoffe, Keime, gelösten CSB, Ammonium und gelösten Phosphor entfernen,
  • Lehmböden entfernen partikuläre Feststoffe, gelösten CSB, Ammonium und reduzieren gelösten Phosphor sowie gelöste Metalle. 

Je nach Bauausführung ergibt sich die Drosselwirkung des Beckens aus der Durchlässigkeit der Filterschicht oder der Leistung des Drosselorgans. Üblich sind Durchlässigkeiten von 7*10-6 m/s, was bei einer spezifischen Filterfläche 100 m²/hared einer Drosselspende von ca. 0,25 mm/h oder 0.7 l/(s ha) entspricht. Die Bepflanzung des Bodenfilters dient in erster Linie dem Schutz vor Kolmation. Als Bepflanzung kommen z. B. Gras, Schwertlilien, Rohrkolben, Binsen oder Schilf in betracht. Gras ist für die Bepflanzung eines Bodenfilters zur Mischwasserbehandlung ungeeignet, da es empfindlich auf längeren Einstau und die Überlagerung mit Sedimenten reagiert. Schwertlilien, Rohrkolben und Binsen weisen einen hohen Biomassezuwachs auf und belasten dadurch den Filter. Gut geeignet ist z.B. Schilf [LFU BW, 1998].

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Wegweiser

Autor
Dipl.-Ing. Frauke Jakobs
+49 3342 3595-22
f.jakobs[at]sieker.de