Sieker
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Die Regenwasserexperten

Regenklärbecken

Maßnahmenbeschreibung

Regenklärbecken (RKB) funktionieren ähnlich den Sandfängen nach dem Prinzip der Sedimentation, allerdings ist die Oberflächenbeschickung deutlich geringer. Sie werden sowohl einzeln als auch vorgeschaltet vor einem Bodenfilter eingesetzt. Dabei werden zwei Arten von Regenklärbecken hinsichtlich ihrer Betriebsweise unterschieden.

Ständig gefüllte Regenklärbecken mit Dauerstau (RKBmD) werden als Durchlaufbecken gestaltet und besitzen einen Überlauf sowie einen Schlammabzug. Ihnen ist ein Entlastungs-bauwerk (EB) vorgeschaltet, das den Zulauf auf den Bemessungsabfluss Qbem begrenzt. Sie sind in der Regel dann anzuordnen, wenn der Regenwasserkanal bei Trockenwetter ständig oder zeitweilig Wasser führt. In diesen Regenklärbecken sollen die absetzbaren und aufschwimmenden Stoffe des Beckenzuflusses möglichst weitgehend entfernt werden. Der abgesetzte Schlamm ist regelmäßig, getrennt vom überstehenden Wasser, zu beräumen und schadlos zu beseitigen. Auch kann das gesamte Becken nach einem Regenereignis in den Schmutz- bzw. Mischwasserkanal entleert werden, um eine Belastung des Gewässers beim nächsten Regenereignis zu minimieren. Dies erfordert dann eine entsprechende Steuerung. Allerdings ist dann die Gefahr größer, dass der restliche, noch vorhandene Schlamm aufgewirbelt und ausgetragen wird.

Regenklärbecken mit Dauerstau

Nicht ständig gefüllte Regenklärbecken können in der Regel dann angeordnet werden, wenn der Regenwasserkanal bei Trockenwetter kein oder nur wenig Wasser führt. Der Beckeninhalt ist nach Regenende der Kläranlage zuzuführen.

Regenklärbecken ohne Dauerstau (RKBoD)

Die Becken werden in der Regel als Erdbecken ausgeführt. Die Becken sollten mit einer Abdichtung vorgesehen werden. Bei Lage im Grundwasser sind sie auftriebssicher zu gestalten.

Bemessung

Aus wirtschaftlichen Gründen werden Regenklärbecken nicht auf den maximalen Zufluss aus der Regenkanalisation dimensioniert. Die Differenz zwischen dem maximalen Zufluss und der zulässigen Belastung muss in einem Regenrückhaltebecken zwischengespeichert oder in einem Umlauf an der Anlage vorbei hin zum Gewässer abgeleitet werden.

Regenklärbecken werden nach ATV [ATV-A 166, 1999] auf kritische Regenspenden von rkrit=15 l/(s*ha) dimensioniert. Bei erhöhten Anforderungen empfiehlt KRAUTH [Krauth, 1980] eine Auslegung auf 80 l/(s*ha). Welcher Anteil des Niederschlagsabflusses dadurch erfasst wird, hängt von der Fließzeit oder einer eventuellen Retention im Einzugsgebiet ab (Regenwasserrückhaltung).

Als zulässige Oberflächenbeschickung werden von der ATV qA = 10 m/h angegeben [ATV-A 166, 1999]. Die nutzbare Beckentiefe (hB = Höhe des Klärüberlaufes) sollte dabei mind. hB=2,0 m betragen. Aus diesen Vorgaben resultiert ein spezifisches Volumen von 10,8 m³/ha. Diese Regelung ist auch im Runderlass für die „Anforderung an die Niederschlagsentwässerung im Trennverfahren“ in NRW [NRW, 2004] vorgesehen. Die horizontale Fließgeschwindigkeit darf 0,05 m/s nicht übersteigen.

In Schleswig-Holstein wird im Bemessungsverfahren zusätzlich der Fall geregelt, dass sich gering verschmutzte mit normal verschmutzten Teilströmen vermischen [Studemund, 1996]. Für Regenklärbecken in Berlin gilt die Sonderregelung einer Mindestaufenthaltsdauer von Tmin=60 min für den Bemessungszufluss. Daraus ergibt sich ein spezifisches Speichervolumen von 54 m³/ha.

Schadstoffreduktion, bzw. -rückhalt

Bei ausgeführten Regenklärbecken wurden die in Heinzmann [1993] angegebenen Eliminationsraten gemessen. Die im Vergleich zu Laborversuchen relativ hohen Eliminationsraten der Anlagen Pleidesheim und Dianasee haben ihre Ursache vor allem in der sehr niedrigen Oberflächenbeschickung. Diese überwiegend geringen Oberflächenbeschickungen sind wiederum durch die häufig auftretenden kleinen Regenspenden begründet, die deutlich unter der Bemessungsregenspende liegen. Neuere Ergebnisse an einem RKB in Karlsruhe, das hydraulisch stärker belastet ist, zeigen deutlich schlechtere Reinigungsleistungen. [Pfeifer, Hahn, 1995]

Ein direkter Vergleich zwischen den Laborergebnissen und den Messergebnissen der Regenklärbecken ist wegen grundlegender Unterschiede hinsichtlich der Oberflächenbeschickung und Strömungsverhältnissen kritisch zu sehen. Die Oberflächenbeschickung bei den Laborversuchen ist ca. 15fach höher als im Regenklärbecken Dianasee. In einem Regenklärbecken ist zusätzlich mit keiner idealen Sedimentation wegen unregelmäßiger Strömungen zu rechnen. Weitere Unterschiede sind in der Analyse, der Art der Probenahme, sowie der Eliminationsratenermittlung (Dianasee mittels einer Frachtbilanz eines Messzeitraumes [Göttle, 1978] mittels Regenwassermischproben) gegeben. Die Laborergebnisse von GÖTTLE stimmen in der Größenordnung, trotz obiger Einschränkungen, mit den Ergebnissen der realen Regenklärbecken überein. Die Messergebnisse können daher als Grundlage zur Abschätzung der Reinigungsleistung von Regenklärbecken verwendet werden. Für eine frachtbezogene Bemessung von Regenklärbecken sind solche Messergebnisse ungeeignet. Sie können aber verwendet werden, um die Sedimentationszeit zu bestimmen, die einerseits eine hohe Abscheidewirkung erzielt und andererseits eine Überdimensionierung vermeidet.

Gemessene Reinigungsleistungen von Regenklärbecken

*Der Abscheider Pleidesheim ist zwar als Leichtstoffabscheider ausgelegt worden, aber es wurden alle Bemessungsvorgaben und Konstruktionsmerkmale für Regenklärbecken eingehalten.

Ein weiteres Bespiel ist das Regenrückhaltebecken in Hamburg (Halenreie), das vorgeschaltet vor einem Bodenfilter eingesetzt wird. Dieses wurde für die hydraulische Pufferung vor Beschickung des Bodenfilters ausgelegt und dient auch als Absetzraum für grobe Partikel und Leichtflüssigkeiten. Der Überlauf gelangt in den Bodenfilter. Die Reinigungsleistung wurde durch Sedimentation erreicht [Hamburg, 2000].

Ein besonderer Effekt ist bei Regenklärbecken im Dauerstaubetrieb zu beachten. WASSMANN [Wassmann, Klein, 1994] konnte durch Messungen an Berliner Regenklärbecken nachweisen, dass während der Standzeiten nach einem Regenereignis eine massive Sauerstoffzehrung auftritt, so dass bei erneuten Niederschlägen sauerstoffarmes Wasser ausgespült wird. Zusätzlich kommt es durch die Sauerstoffarmut während der Standzeit zur Rücklösung von Phosphaten und zu einem deutlichen Anstieg der Keimzahlen. Die Ausspülung derart belasteter Wassermengen führt zu massiven Belastungen der Gewässer und zur Verschlechterung der Wasserqualität. Als Konsequenz aus diesen Erfahrungen wurden die Betriebsweise der Becken dahin gehend geändert, dass nach Regenende eine Entleerung in den Schmutzkanal erfolgt. Die Häufigkeit der Entleerung wird je nach Betriebsweise festgelegt. Nach [MUNLV-NRW, 2004] wird empfohlen, den Überlauf aus dem RKBmD so zu gestalten, dass „eine Sauerstoffanreicherung des überlaufenden Niederschlagswassers erfolgt“.

Das vorhandene Trennsystem wird somit in ein qualifiziertes Trennsystem umgewandelt. In Kombination mit einem nachgeschalteten Bodenfilter kann bei Betrieb im Dauerstau auf eine Entleerung des Beckens zur Kläranlage verzichtet werden. Bei der oberflächigen Überleitung des Wassers in den Bodenfilter ist mit einem Sauerstoffeintrag zu rechnen.

Flächenbedarf

Bei einer anzustrebenden Tiefe von 2 m und einem spezifischen Beckenvolumen von 10,8 m³/ha beträgt der Flächenbedarf eines RKB ca. 5,4 m²/ha. Der Flächenbedarf ist damit relativ gering. Nach Berliner Bauart werden 27 m²/ha benötigt.

Herstellungskosten

Zur Abschätzung der Baukosten von Regenklärbecken aus Stahlbeton verwendet man zweckmäßigerweise den erforderlichen Nutzinhalt. Die Baukosten hängen dabei entscheidend von der jeweiligen Beckengröße ab [Freistaat Thüringen, 1996], [ATV-A 166, 1999].

Die nachstehenden Grafiken zeigen die absoluten und spezifischen Kosten eines geschlossenen Beckens in Betonbauweise bei mittleren Bodenverhältnissen. Für das ca. 700 m³ große Regenklärbecken Dianasee in Berlin (Ared 12,7 ha, 55 m³/ha) gibt HEINZMANN [Heinzmann, 1993] Baukosten von 1,35 Mill. EUR bzw. spezifische Kosten von ca. 1.900 EUR/m³ an. Bei einem mittelgroßen Becken mit spezifischen Kosten von ca. 1.500 EUR /m³ ergeben sich flächenspezifische Kosten von 1,65 EUR /m². Die flächenspezifischen Kosten des Regenklärbeckens Dianasee liegen bei ca. 10,50 EUR /m².

Kosten für Regenklärbecken in geschlossener Betonbauweise [ATV, 1994]
Kosten für Regenklärbecken in geschlossener Betonbauweise [Thüringen, 2002]

Betriebskosten, Nutzungsdauer

Die Betriebskosten des Regenklärbeckens Dianasee gibt Heinzmann [1993] mit 16.000 EUR/a (inkl. Instandhaltung), bzw. ca. 25 EUR/m³ oder 0,12 EUR/m2red/a an. Diese Kosten fallen im wesentlichen für die Entschlammung und für den Personaleinsatz an. Sie treffen auch auf Becken mit einem kleineren spezifischen Volumen zu.

Die durchschnittliche Nutzungsdauer von Regenklärbecken kann nach LAWA für den baulichen Teil mit 40-70 Jahren angenommen werden. Für den maschinellen Teil liegt die Nutzungsdauer dagegen nur bei 5-20 Jahren. Unter Berücksichtigung von Kapitaldienst und Abschreibung (25 Jahre) hat HEINZMANN [Heinzmann, 1993] für das RKB Dianasee spezifische Behandlungskosten von ca. 3,35 EUR/m³ Regenwasser errechnet.

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Wegweiser

Autor
Dr.-Ing. Harald Sommer
+49 3342 3595-16
h.sommer[at]sieker.de