Sieker
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Die Regenwasserexperten

DWA M153

Die Arbeitsgruppe 1.4.3. „Regenwasserbehandlung“ der DWA hat Anfang 2000 das Merkblatt mit dem Titel „Handlungsempfehlungen zum Umgang mit Regenwasser“ herausgegeben. Gemäß dem Vorwort soll das Merkblatt nur für Trennsysteme und modifizierte Entwässerungssysteme gelten. Prinzipiell könnten die Ansätze aber auch für Mischsysteme herangezogen werden, was dann allerdings dem A128 widersprechen würde .

Um die Notwendigkeit einer Regenwasserbehandlung zu beurteilen, wird im M153-Verfahren die vorhandene Abflussbelastung der möglichen Gewässerbelastbarkeit gegenübergestellt. Die quantitative Bewertung erfolgt dabei nach einem Punktesystem. Ist die vorhandene Abflussbelastung B größer als die Gewässerbelastbarkeit G, so sind Behandlungsmaßnahmen erforderlich:

B > G: in der Regel ist eine Behandlung erforderlich

B < G: keine Behandlung erforderlich

Die vorhandene Abflussbelastung B errechnet sich als flächengewichtetes Mittel der verschiedenen Belastungen im Einzugsgebiet. Die Gewässerbelastbarkeit G orientiert sich am Gewässertyp und suggeriert damit eine immissionsorientierte Betrachtung. Dies ist aber nicht der Fall, da nur flächenspezifische Werte ermittelt werden und keine absoluten Größen wie z.B. Frachten. Ob das Einzugsgebiet der Regenwassereinleitungen 100 ha oder nur 1 ha befestigte Fläche hat, beeinflusst das Ergebnis der erforderlichen Regenwasserbehandlung nicht! Für eine Aussage über die Gewässerbelastung ist eine Berücksichtigung des Verhältnisses zwischen Einleitung und Abfluss im Gewässer bzw. Wasservolumen im See aber erforderlich.

Gegen das im M153 beschriebene Verfahren sprechen noch einige andere Argumente:

  • Die spezifische Empfindlichkeit verschiedener Gewässer (Grundwasser, Fließgewässer, Seen, Meere, etc.) gegenüber verschiedenen Stoffparametern (Nährsalze, sauerstoffzehrende Stoffe, Keime, etc.) findet keinen Eingang in das Verfahren. Beispielsweise reagieren stehende Gewässer i.a. empfindlicher auf den Eintrag von Nährsalzen als Fließgewässer.

  • Ebenso spielt der weitere Verlauf des Gewässers keine Rolle. Der Ansatz der Flussgebiets-betrachtung, ein wesentliches Merkmal der Wasserrahmenrichtlinie, wird mit diesem Verfahren nicht berücksichtigt.

  • Die Reinigungsleistungen der verschiedenen Maßnahmen bezüglich unterschiedlicher Stoffparameter werden nicht berücksichtigt. So hat ein Regenklärbecken bezüglich der AFS oder CSB einen relativ hohen Wirkungsgrad, bezüglich Nährsalzen oder gar Keimen aber einen eher geringen.

  • Es fällt auf, dass die Durchgangswerte für ein trockenes RKB und ein Bodenfilterbecken (20 cm bewachsener Oberboden, 1m Sandaufbau) gemäß den Tabellen im Arbeitsbericht fast gleich sind. Diese Aussage ist z. B. für die Parameter CSB oder AFS nicht korrekt.

  • Die Multiplikation von „Durchgangswerten“ bei der Hintereinanderschaltung von Maßnahmen ist wissenschaftlich nicht zu begründen. Oftmals ist diese Vorgehensweise sogar falsch, z. B. bei der Kombination von Bodenfiltern und Absetzbecken.

  • Die Ergebnisse, die mit diesem Verfahren errechnet werden, widersprechen zum Teil den Aussagen anderer Arbeitsberichte bzw. Arbeitsblätter (Sieker, H. 2001).

Das Merkblatt M153 beinhaltet weiterhin eine Anforderung hinsichtlich der hydraulischen Belastung von Bächen. Danach liegt der zulässige Drosselabfluss bei Qdr,max = e * MQ mit einem dimensionslosen Beiwert e in Abhängigkeit der Korngröße der Sedimente.

Das im Merkblatt M153 beschriebene Verfahren beinhaltet eine Reihe von sehr starken Vereinfachungen und wird deshalb der komplexen Thematik der Regenwasserbehandlung und deren Auswirkungen auf die Gewässerqualität nicht gerecht. Die einfache Handhabung als positives Kriterium hebt diese Nachteile nicht auf. Die grundlegende Herangehensweise, verschiedene Maßnahmen hinsichtlich ihrer Wirkung auf die Gewässerqualität gegenüberzustellen ist zwar richtig, aber das gewählte Werkzeug eines einfachen Punktesystems ist nach Auffassung des Autors unzureichend.

 

 

Literatur

  • ATV A138 [1990]: ATV-Arbeitsblatt A138: Bau und Bemessung von Anlagen zur dezentralen Versickerung von nicht schädlich verunreinigtem Nieder¬schlagswasser“ (nicht mehr gültig!). Regelwerk Abwasser-Abfall der Abwassertechnischen Vereini¬gung, Gesellschaft zur Förderung der Abwassertechnik e.V. (GFA), Hennef.

  • DWA (2005): DWA-Arbeitsblatt A 138: Planung, Bau und Betrieb von Anlagen zur Versickerung von Niederschlagswasser. Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e. V., Hennef.

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Wegweiser

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Autor
Prof. Dr.-Ing. Heiko Sieker
+49 3342 3595-0
h.sieker[at]sieker.de