Sieker
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Die Regenwasserexperten

Vergleichmäßigung der Zulaufströme

In den Abwassersystemen aller größeren Industriestandorte kommen Ausgleichs- und Stapeltanks zur Pufferung von Abwasservolumenstrom- und Konzentrationsspitzen und zur Vergleichmäßigung der Abwasserströme zum Einsatz. Dies geschieht sowohl prozessnah, also bei den “Abwassererzeugern”, als auch in Form vor- oder zwischengeschalteter Stationen der Abwasserbehandlungsanlagen End-of-the-Pipe.

Mit dem Baustein «Balancing Tank» stellt STOAT alle erforderlichen Mittel bereit, um die Auswirkungen der Stapelbehälter auf die Fracht an maßgeblichen Punkten im Abwassersystem zu untersuchen (Icon «Balancing Tank»). Setzt man bei der Simulation zusätzlich noch einen der universell einsetzbaren Steuerbausteine wie «PID-Controller» und «Programmable Logic Controller» (PLC) ein (Icons «Control functions»), können auch Steuerung und Regelung des Füllens und Entleerens der Stapeltanks abgebildet und den praktischen Anforderungen entsprechend optimiert werden. Der besondere Vorteil dieser “Spielerei” besteht darin, dass am Computer alle denkbaren Fälle - auch und gerade Extreme - getestet werden können. Die Abwasseranlagen selbst bleiben von derlei riskanten Manövern verschont.

 

Anhand eines praktischen Beispiels wird im Folgenden ein kurzer Einblick in die schier unbegrenzten Möglichkeiten der Optimierung der Steuerung von Stapeltanks gegeben. Das Beispiel knüpft an die Untersuchungen, ob ein vorhandenes Klärwerk einen zusätzlichen hochbelasteten Teilstrom aufnehmen kann an. Die grundsätzliche Aufgabenstellung wird deshalb hier nicht noch einmal wiederholt.

Im diesem Praxisbeispiel waren zwei Stapeltanks beteiligt:

  • Kondensatabwassertank

  • Eingangstank Biologie

Der Zweck des neu zu errichtenden Kondensatabwassertank besteht darin, den diskontinuierlichen Abwasseranfall des Teilstroms auszugleichen, der zusätzlich zum bisher behandelten Abwasser in das Klärwerk übernommen werden soll. Dabei sollen auch die Spitzen der Ammoniumkonzentration so weit wie möglich gedämpft werden.

Der bereits vorhandene Misch- und Ausgleichstank „Eingangstank Biologie“ wurde bisher vor allem mit dem Ziel betrieben, die CSB-Fracht im Zulauf des Klärwerks zu vergleichmäßigen. Bei Übernahme des zusätzlichen Abwasserstroms kommt als neue Aufgabe hinzu, die vom Kondensatabwassertank ankommende Ammoniumfracht so weit zu egalisieren, dass die NH4-N-Konzentration im Zulauf der Belebung in einem beherrschbaren Bereich bleibt.

Bestimmung des erforderlichen Volumens des Kondensatabwassertanks

Bevor die Steuerung des Stapeltanks untersucht werden kann, muss klar sein, welches Volumen der Tank in etwa haben wird. Um zu einer ersten überschläglichen Größe zu kommen, stellt STOAT ein recht einfaches Hilfsmittel zur Verfügung: Die Annahme eines unendlich großen Volumens. Um das erforderliche Volumen des Tanks zu bestimmen, wird ein Rechnerlauf mit dem kalibrierten Modell vorgenommen, wobei «Infinite volume» (∞) eingestellt wird. Diese Einstellung bewirkt, dass der Tank alles ankommende Abwasser aufnimmt, ohne dass der Überlauf anspringt. Die Inputdatei für den Kondensatabwasserstrom wird so präpariert, dass die im ungünstigsten Fall zu erwartende Zulaufmenge abgebildet wird. Der Ablauf aus dem Tank muss ebenfalls eingestellt werden. Sinnvollerweise wird hierfür zunächst der Mittelwert des Zulaufs angesetzt (in diesem Beispiel: 4.5 m³/h).

Als «Minimum volume» wurde ein Wert von 100 m³ gewählt. Damit wird sichergestellt, dass der Tank immer eine gewisse Füllung behält, die mit dem frisch zulaufenden Abwasser vermischt werden kann. Beim Rechnerlauf wird STOAT den hier eingestellten Wert nicht unterschreiten: Sofern der Zulauf zum Tank über längere Zeit geringer als der eingestellte Ablauf ist, “verriegelt” STOAT den Tankablauf, sobald das eingestellte «Minimum volume» erreicht ist. Anmerkung: Bei der Festlegung des Minimalvolumens vorhandener Tanks sind oft auch betriebsbedingte oder geometrische Gegebenheiten wie z.B. die Einbauhöhe der Entnahmeleitung zu berücksichtigen.

Damit sind schon alle Vorbereitungen getroffen, um von STOAT das erforderliche Mindestvolumen errechnen zu lassen. Der Rechnerlauf wird gestartet und die Ergebnisse werden ausgewertet. Die Ausgabe des in Anspruch genommenen Volumens des Kondensatabwassertanks über die Zeit ergibt die folgende Abbildung.

Zu Beginn der Simulationsperiode - etwa bis 1200 h abgelaufene Simulationszeit - wird der Tank mehrfach bis auf das Minimalvolumen wieder entleert. Dies ergibt sich aufgrund der großen Intervalle zwischen den Zulaufereignissen in diesem Zeitabschnitt (vgl. oberste Abb.). Anschließend füllt sich der Tank immer mehr bis zu einem Maximum von etwa 4000 m³. Danach geht der Füllungsstand wieder zurück. Das heißt, dass der Tank ohne Steuerung ein Volumen von mindestens 4000 m³ haben müsste, damit kein Überlauf eintritt. Mit diesem Ausgangswert werden die weiteren Berechnungen in Angriff genommen.

Bevor mit der Optimierung der Steuerung begonnen wird, noch ein Blick auf den Ablauf des Tanks ohne Steuerung:

Ein Vergleich mit dem Zulauf (siehe oberste Abb.) zeigt, dass der Ablauf tatsächlich immer dann unterbrochen wird, wenn das festgesetzte Minimalvolumen erreicht ist. Nach etwa 1200 h abgelaufener Simulationszeit ist der Füllungsstand immer hoch genug, (siehe oben), dass ein ständiger Ablauf erfolgen kann.

Steuerung des Kondensatabwassertanks

Der Ablauf des Kondensatabwassertanks soll mit einem «Programmable Logic Controller» (PLC) geregelt werden. Dieser Baustein gestattet die Berücksichtigung von bis zu fünf Inputsignalen. In diesem Beispiel genügen jedoch zwei:

  • Füllvolumen des Tanks («Volume», Input Variable 1)

  • NH4-N-Konzentration («Ammonia», Input Variable 2)

Output des PLC ist die «Pump rate» (= gesteuerter Ablauf des Kondensatabwassertanks). Input und Output des PLC werden dem Modell über die sogenannte «Connectivity» des «Ladder Logic Controllers» übergeben.

Der oben dargestellten Einstellung gehen mehrere Zwischenschritte voraus, in deren Ergebnis sich zeigte, dass ein Tankvolumen von 600 m³ ausreicht. Auf diese Zwischenschritte soll hier nicht näher eingegangen werden. Die letztendlich gewählte Einstellung des PLC läßt sich spaltenweise wie folgt erklären:

1.    Solange der Tank nur bis maximal zur Hälfte (= 300 m³) gefüllt ist und die NH4-N-Konzentration im Tank unter 150 mg/l liegt, soll der Ablauf aus dem Tank 2.5 m³/h betragen (Setting 0).

2.    Beträgt das Füllvolumen des Tanks mehr als 300, aber weniger als 500 m³ und die NH4-N-Konzentration im Tank liegt unter 150 mg/l, soll der Ablauf aus dem Tank 5.0 m³/h betragen (Setting 1).

3.    Solange der Tank nur bis maximal zur Hälfte (= 300 m³) gefüllt ist und die NH4-N-Konzentration im Tank über 150, aber unter 300 mg/l liegt, soll der Ablauf aus dem Tank 2.0 m³/h betragen (Setting 2).

4.    Beträgt das Füllvolumen des Tanks mehr als 300, aber weniger als 500 m³ und die NH4-N-Konzentration im Tank liegt über 150, aber unter 300 mg/l, soll der Ablauf aus dem Tank 4.0 m³/h betragen (Setting 3).

5.    Solange der Tank nur bis maximal zur Hälfte (= 300 m³) gefüllt ist und die NH4-N-Konzentration im Tank über 300 bis maximal 9 999 999 mg/l liegt (9 999 999 ist der numerische Höchstwert, der vom PLC verarbeitet werden kann), soll der Ablauf aus dem Tank 1.0 m³/h betragen (Setting 4).

6.    Beträgt das Füllvolumen des Tanks mehr als 300, aber weniger als 500 m³ und die NH4-N-Konzentration im Tank liegt über 300 bis maximal 9 999 999 mg/l, soll der Ablauf aus dem Tank 2.0 m³/h betragen (Setting 5).

7.    Beträgt das Füllvolumen des Tanks mehr als 500, aber weniger als 550 m³, soll der Ablauf aus dem Tank 10.0 m³/h betragen, unabhängig davon, wie hoch die NH4-N-Konzentration im Tank ist (höher als 0, aber weniger als 9 999 999 mg/l, (Setting 6).

8.    Beträgt das Füllvolumen des Tanks mehr als 550 bis maximal 9 999 999 m³, d.h. wenn der Tank kurz vor dem Überlauf steht, soll der Ablauf aus dem Tank 90.0 m³/h betragen, unabhängig davon, wie hoch die NH4-N-Konzentration im Tank ist (höher als 0, aber weniger als 9 999 999 mg/l, Setting 7).

Eine Zusammenfassung der genannten Einstellungen zeigt die folgende Tabelle:

 

 

NH4-N-Konzentration in mg/l

 

 

< 150

≥ 150 AND < 300

≥ 300

Volumen in m³

< 300

2.5

2

1

≥ 300 AND < 500

5

4

2

≥ 500 AND < 550

10

≥ 500

90

 

Die mit dieser Regelung erreichten Effekte lassen sich anhand der Entwicklung des Volumens und der NH4-N-Konzentration im Tank sowie dessen Ablauf gut erkennen.

Verlauf von Volumen und NH4-N-Konzentration im Kondensatabwassertank (nach Steuerung)
Volumenstrom und NH4-N-Konzentration im Ablauf des Kondensatabwassertanks (nach Steuerung)

Steuerung des Eingangstanks Biologie

Der Misch- und Ausgleichstank „Eingangstank Biologie“ hat ein Volumen von 10 000 m³. Der Tank wird so betrieben, dass möglichst ständig eine ca. 50%ige Füllung eingehalten wird. In besonderen Situationen erfolgen Eingriffe bei der Füllung oder Entleerung des Tanks von Hand.

Um die Steuerung für diesen Tank zu testen, wird analog zur oben erläuterten Steuerung des Kondensatabwassertanks vorgegangen. Auch hier ist die erste Eingangsgröße das Füllvolumen des Tanks. Die zweite Eingangsgröße ist hier jedoch die CSB-Konzentration. Die Regelung wirkt wieder auf den Ablauf. Dementsprechend wird die «Connectivity» des «Ladder Logic Controllers» eingestellt.

Die Erklärungen zum besseren Verständnis der Spalten lauten wie folgt:

1.    Solange der Tank nur bis 7.000 m³ gefüllt ist und die CSB-Konzentration im Tank unter 200 mg/l liegt, soll der Ablauf aus dem Tank 120 m³/h betragen (Setting 0).

2.    Beträgt das Füllvolumen des Tanks mehr als 7.000, aber weniger als 9.000 m³ und die CSB-Konzentration im Tank liegt unter 200 mg/l, soll der Ablauf aus dem Tank 150 m³/h betragen (Setting 1).

3.    Solange der Tank nur bis 7.000 m³ gefüllt ist und die CSB-Konzentration im Tank über 200, aber unter 300 mg/l liegt, soll der Ablauf aus dem Tank 100 m³/h betragen (Setting 2).

4.    Beträgt das Füllvolumen des Tanks mehr als 7.000, aber weniger als 9.000 m³ und die CSB-Konzentration im Tank liegt über 200, aber unter 300 mg/l, soll der Ablauf aus dem Tank 130 m³/h betragen (Setting 3).

5.    Solange der Tank nur bis 7.000 m³ gefüllt ist und die CSB-Konzentration im Tank über 300 bis maximal 1.000 mg/l liegt, soll der Ablauf aus dem Tank 80 m³/h betragen (Setting 4).

6.    Beträgt das Füllvolumen des Tanks mehr als 7.000, aber weniger als 9.000 m³ und die CSB-Konzentration im Tank liegt über 300 bis maximal 1.000 mg/l, soll der Ablauf aus dem Tank 100 m³/h betragen (Setting 5).

7.    Beträgt das Füllvolumen des Tanks mehr als 9.000 bis maximal 9.999.999 m³, d.h. wenn der Tank kurz vor dem Überlauf steht, soll der Ablauf aus dem Tank 200.0 m³/h betragen, soweit die CSB-Konzentration nicht höher als 1.000 mg/l ist (Setting 6).

8.    Liegt die CSB-Konzentration über 1.000 mg/l und das Tankvolumen ist kleiner als 7.000 m³, soll der Abfluss aus dem Tank 20 m³/h betragen. (Setting 7).

9.    Liegt die CSB-Konzentration über 1.000 mg/l und das Tankvolumen bewegt sich zwischen 7.000 und 9.000 m³, soll der Abfluss aus dem Tank 35 m³/h betragen. (Setting 8).

10.  Liegt die CSB-Konzentration über 1.000 mg/l und das Tankvolumen ist größer als 9.000 m³, soll der Abfluss aus dem Tank 50 m³/h betragen. (Setting 7).

Eine Zusammenfassung der genannten Einstellungen zeigt die folgende Tabelle:

 

 

CSB-Konzentration in mg/l

 

 

 

< 200

≥ 200 AND < 300

≥ 300 AND < 1000

≥ 1000

Volumen in m³

< 300

120

100

80

20

≥ 7.000 AND <9.000

150

130

100

35

≥ 9.000

200

50

 

Die mit dieser Regelung erreichten Effekte lassen sich anhand der Entwicklung des Volumens, des CSB und der NH4-N-Konzentration im Tank sowie dessen Ablauf gut erkennen.

Verlauf von Volumen, BSB gelöst und NH4-N-Konzentration im Eingangstank Biologie (nach Steuerung)
Volumenstrom, CSB und NH4-N-Konzentration im Ablauf des Eingangstanks Biologie (nach Steuerung)

Die mit dieser Steuerung erreichte Beschaffenheit im Ablauf der Kläranlage wurde bereits im diesem Beispiel demonstriert. Hier soll deshalb nur noch einmal erwähnt werden, dass die Ergebnisse der Simulation einschließlich der oben erläuterten Einstellungen zur Steuerung der Stapeltanks so in die betriebliche Praxis übernommen werden können.

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