Sieker
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Die Regenwasserexperten

Generieren von Inputs

Wie bereits unter erforderliche Eingangsdaten erwähnt, lassen sich die Inputs für ein STOAT Modell zur Kläranlagensimulation in “statische” und “dynamischeInputs unterteilen. Hier werden nur “dynamische” Inputs betrachtet. Diese lassen sich wiederum gliedern in:

  • Informationen über Menge und Beschaffenheit des der Kläranlage zulaufenden Abwassers über die Zeit

  • Informationen über die Fahrweise (Einstellungen) der Anlagen und Prozesse über die Zeit

Nachfolgend wird der erstgenannte Punkt betrachtet. Der zweite Punkt ist Gegenstand des Modellinputs zur Fahrweise der Kläranlage.

Die Bedeutung der korrekten Abbildung des Inputs eines Modells für die Qualität seines Outputs wird oft etwas flapsig mit «bullshit in - bullshit out» umschrieben. STOAT-Modelle zur dynamischen Kläranlagensimulation machen hier keine Ausnahme. Wie bereits im Abschnitt Arbeitsschritte ausgeführt, sind für die Vorbereitung und Durchführung der Rechnerläufe und die Kalibrierung des Modells rund zwei Drittel der Arbeitszeit innerhalb eines Projektes der Kläranlagensimulation zu veranschlagen. Dies ist auf die großen Datenmengen zurückzuführen, mit denen hier umgegangen werden muss, hängt aber auch damit zusammen, dass - siehe oben - die ordnungsgemäße Übertragung der Messwerte in entsprechende Inputdateien maßgeblichen Einfluss auf die Simulationsqualität hat. Deshalb sind essentielle Informationen für die Modelle mit Sorgfalt zu behandeln, ohne jedoch die Genauigkeit an der falschen Stelle zu übertreiben.

Formate der STOAT-Inputdateien

Im Industrieabwasserbereich sind vor allem folgende Formate der STOAT-Inputdateien von Interesse:

  • *.COD

  • *.AOX

  • *.INF

  • *.IND

Diese Formate korrespondieren mit mathematischen Modellen zur Beschreibung der Vorgänge in der Belebungsstufe, die beim Modellentwurf unter «Input data», sowie «Name and dimension» auszuwählen sind. Dies wird in der folgenden Abbildung am Beispiel von «AOX» als «Process model» verdeutlicht.

Der Zusammenhang zwischen den Modellen und den Formaten der Inputdateien geht aus folgender Übersicht hervor:

Format der Inputdatei

Zugehörige Belebungsmodelle

*.COD

IAWQ #1, IAWQ #3

*.AOX

AOX (beruht auf IAWQ #1)

*.INF (= «Advanced»)

IAWQ #2, IAWQ #2A, IAWQ #2B, IAWQ #2C, IAWQ #2D

*.IND

Industrial #1 (beruht auf IAWQ #1)

 

In aufsteigender Reihenfolge der o.g. Formate nimmt die Anzahl der übergebenen Parameter zu.

Bei *.COD werden z.B. folgende Parameter übergeben:

  • Flow (m³/h)

  • Temperature (deg. C)

  • Volatile fatty acids (mg COD/l)

  • Soluble biodegradable COD (mg/l)

  • Soluble non-degradable COD (mg/l)

  • Particulate biodegradable COD (mg/l)

  • Particulate non-degradable COD (mg/l)

  • Volatile solids (mg/l)

  • Nonvolatile solids (mg/l)

  • Ammonia (mg/l)

  • Nitrates (mg/l)

  • Soluble organic nitrogen (mg/l)

  • Particulate organic nitrogen (mg/l)

  • Soluble phosphate (mg/l)

  • Dissolved oxygen (mg/l)

  • Soluble non-degradable organic N (mg N/l)

  • Particulate non-degradable organic N (mg N/l)

  • Particulate degradable organic P (mg P/l)

  • Particulate non-degradable organic P (mg P/l)

  • Soluble degradable organic P (mg P/l)

  • Soluble non-degradable organic P (mg P/l)

Von der Zuordnung zwischen Modell und Format der Inputdatei gemäß der obigen Tabelle kann abgewichen werden, ohne dass STOAT mit einer Fehlermeldung oder gar Absturz reagiert. Fehlen erforderliche Inputs, kann das Modell jedoch die davon betroffenen Vorgänge nicht wie erwartet simulieren. Werden hingegen mehr Parameter übergeben, als ein Modell benötigt, so schadet das nicht, führt aber auch nicht zu einer Verbesserung der Ergebnisse. Deshalb wird die Beachtung der o.g. Zuordnung empfohlen.

Bei der Modellierung von Kläranlagen mit mehreren Belebungsstufen kann es durchaus sinnvoll sein, in den verschiedenen Stufen voneinander abweichende Prozessmodelle zu wählen. Dann ist das Format der Inputdatei(en) an dem Modell mit der höchsten Anforderung in Bezug auf den Umfang der Parameter auszurichten.

Generieren von STOAT-Inputdateien

a)    Mit STOAT

STOAT bietet dem Anwender die Möglichkeit, Inputdateien aus vorgegebenen «pattern» zu generieren. Dieses Menü ist verfügbar auf der Rechnerlaufebene («Run level»), nachdem ein neuer Rechnerlauf angelegt, aber noch nicht gestartet wurde. Um den zugehörigen Dialog zu öffnen, genügt es, mit der rechten Maustaste über dem Icon eines Inputs zu klicken (siehe folgende Abbildung).

Nach Auswahl des gewünschten Formats kann die Inputdatei entweder mit Klick auf « Create data file» sofort generiert oder das Muster der Datei eingesehen und erforderlichenfalls verändert werden (Klick auf «Edit formulae»). Grundsätzlich stehen drei Varianten für den Tagesgang von Menge und Beschaffenheit der zu generierenden Zulaufdatei zur Verfügung:

  • «Constant» (konstante Werte über den gesamten Tagesverlauf)

  •  «Diurnal» (Tagesverlauf kann nutzerspezifisch über Faktoren zwischen 0 und 1 frei gewählt werden, der Mittelwert aller Faktoren muss 1 ergeben)

  • «Sinusoidal» (Tagesverlauf folgt einer Sinuskurve)

Nach Auswahl und ggf. Modifizierung des gewünschten Profils wird eine Zuflussganglinie entsprechend der gewünschten Zeitschrittlänge erstellt. Die neue Datei kann geöffnet werden, bevor der Rechnerlauf gestartet wird (siehe Abb. 9). Dies kann ausschließlich zu Kontrollzwecken erfolgen, kann aber auch dazu genutzt werden, das Profil noch weiter zu differenzieren und anzupassen.

b)    Mit Tabellenkalkulationsprogrammen

Die dynamische Kläranlagensimulation mit STOAT wird üblicherweise zur Optimierung vorhandener Anlagen eingesetzt. Dabei stehen – je nach Klärwerk – mehr oder weniger detaillierte Zeitreihen über Menge und Beschaffenheit der zulaufenden Abwässer aus der Retrospektive zur Verfügung. Um diese Messwerte als Input verwenden zu können, sind sie in das für STOAT erforderliche Format zu übertragen. Außerdem sind die erforderlichen Fraktionierungen für CSB und die Stickstoff- und Phosphorverbindungen vorzunehmen.

Auf allen Klärwerken in Deutschland werden Menge und Beschaffenheit des Zu- und Ablaufs gemessen. Sind mehrere Behandlungsstufen vorhanden, erfolgen Messungen auch zwischen den verschiedenen Stationen entlang des Abwasserfließwegs. Die Messungen erfolgen online (z.B. Abwasservolumenstrom, Ammoniumkonzentration oder Leitfähigkeit) oder in Form von Labormessungen (z.B. CSB, TKN). Während die Onlinemessungen in hoher zeitlicher Dichte durchgeführt werden (z.B. aller 2 Minuten), sind bei den Labormessungen deutlich längere Messintervalle üblich (z.B. 24-h-Mischproben). In großen Klärwerken werden die Messreihen meist in “Labordateninformations- und -managementsystemen (LIMS)” und in den Prozessleitsystemen (PLS) gesammelt und archiviert. Die Messwerte können somit i.d.R. aus relationalen Datenbanken mit SQL-Schnittstellen eingelesen werden. In kleineren Anlagen sind anstelle von LIMS eher proprietäre Lösungen, meist auf Basis von Tabellenkalkulationsprogrammen anzutreffen. Nichtsdestotrotz sind aber auch hier in aller Regel maschinenlesbare Daten gegeben. Excel-Makros haben sich als Methode der Wahl erwiesen, um aus derartigen Daten STOAT-Inputdateien zu generieren. Das Generieren von STOAT Inputfiles aus Abwasserkatasterdaten ist ein Beispiel hierfür.

Wichtig ist, dass die Messreihen vor dem Übertragen in STOAT-Inputdateien auf Konsistenz und Plausibilität geprüft und so weit wie möglich von “Ausreißern” bereinigt werden. Auch hierfür eignen sich Makros gut. Zum Aufdecken von Widersprüchen in den Messreihen sind auch die unter MS Excel verfügbaren Möglichkeiten zur grafischen Darstellung nützlich.
Erfahrungen zufolge sind weder die Messungen zur Abwassermenge noch die zur Beschaffenheit 100%ig widerspruchsfrei. Zwangsläufig finden sich auch Inkonsistenzen bei Untersuchung der Abwasserfrachten. Beim Abwasservolumenstrom lassen sich die Plausibilitätsbedingungen recht einfach über Kontinuitätsbeziehungen herleiten, z.B.:

Ablauf Belebung ≡ Zulauf Belebung – Überschussschlammabzug

Unter Berücksichtigung der Eliminierungsleistungen innerhalb der Reaktoren können analoge Kontinuitätsbeziehungen für die Abwasserfrachten aufgestellt und dementsprechend überprüft werden.

Beispiele für hin und wieder verletzte Plausibilitätsbedingungen bei Beschaffenheitsdaten sind:

  • BOD ≤ COD

  • DOC ≤ TOC

  • TKN ≡ TON + NH4-N

Ein Tipp zum Schluss

Vergewissern Sie sich, ob Ihr Modell tatsächlich alle angegebenen Inputdateien findet, bevor Sie einen Rechnerlauf starten. Hierzu wählen Sie im STOAT Menü → «Edit» → «Influents». Wenn alle Verweise und Dateinamen richtig gesetzt sind, findet STOAT sämtliche Inputdateien und bestätigt Ihnen im Check, dass alles “im grünen Bereich” liegt.

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