Sieker
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Die Regenwasserexperten

Aufnahme zusätzlicher Abwasserströme

Untersuchungen zur Aufnahme eines zusätzlichen hochbelasteten Abwasserteilstroms

An einem großen Standort der Chemieindustrie werden die gesammelten Kondensate aus der Dampfversorgung mittels Ionenaustauschern aufgearbeitet. Die Ionenaustauscher (Kationen-, Anionen- und Mischbettaustauscher) müssen regelmäßig regeneriert werden. Dabei fällt diskontinuierlich ein mit Ammonium hochbelasteter Abwasserstrom an. In Abhängigkeit von der jahreszeitlichen Belastung der Kondensate kann das zeitliche Intervall für die Regenerierung zwischen einem Tag und bis zu vier Wochen liegen.

Die Aufgabenstellung besteht darin, mit Hilfe der dynamischen Kläranlagensimulation zu untersuchen, ob dieser Abwasserstrom in der am Standort vorhandenen Belebungsanlage mitbehandelt werden kann, ohne dass eine Überschreitung der Überwachungswerte zu erwarten ist. Besondere Aufmerksamkeit ist dabei auf NH4-N und N,gesamt anorganisch (Summe aus NH4-N und NOx-N) zu legen. Außerdem soll mit Hilfe von STOAT das erforderliche Volumen eines Ausgleichstanks für dieses Kondensatabwasser bestimmt werden.

Die folgende Abbildung zeigt das STOAT-Modell der untersuchten Prozesse.

In dem Modell sind Verbindungen zwischen Modellknoten, die zum Zeitpunkt der Untersuchung physisch noch nicht vorhanden sind, rot abgebildet. Dies betrifft die Leitungen zwischen der Anfallstelle für das Kondensatabwasser und dem Eingangstank Biologie mit 10.000 m³ Volumen. Alle übrigen Verbindungen sind bereits vorhanden und sind deshalb schwarz gekennzeichnet.

Das Entscheidende bei der Untersuchung ist, ob die hohe zusätzliche Ammoniumfracht verkraftet werden kann. Läuft z.B. der Kläranlage im Ausgangszustand eine mittlere Ammoniumfracht von ca. 7.2 kg/h zu, sollte sich diese Belastung nach Aufnahme des Kondensatabwasserstroms – mit Berücksichtigung eines gewissen Sicherheitszuschlags – im Mittel auf etwa 18 kg/h, d.h. auf 250% erhöhen.

Noch drastischer – und damit auch problematischer – ist die Erhöhung der Spitzenfracht. Die NH4-N peak load im Zulauf der Kläranlage beträgt im Ausgangszustand dieses Beispiels nur 0.85 g/s. Der zusätzlich aufzunehmende Teilstrom weist dagegen am Ort des Anfalls eine Spitzenfracht von 14 g/s auf (mehr als das 16-fache der Ausgangsspitzenfracht!). Ursache hierfür ist vor allem der stark diskontinuierliche Anfall dieses Teilstroms. Um eine Überlastung der Kläranlage zu vermeiden, ist eine Vergleichmäßigung in einem ausreichend bemessenen Stapeltank unumgänglich. Deshalb wird das STOAT-Modell von Anfang an mit einem Kondensatabwassertank konfiguriert.

Im Ergebnis der Untersuchungen kann nachgewiesen werden, dass das Kondensatabwasser in der vorhandenen Kläranlage gereinigt werden kann. Voraussetzung hierfür ist, dass dieser zusätzliche Abwasserstrom weitestgehend vergleichmäßigt übergeben und die Belüftungskapazität im Belebungsbecken um ca. 50 kg/h angehoben wird (Luftsauerstoffbedarf zur Oxidation des Ammoniumstickstoffs). Das Volumen des zu errichtenden Kondensatwassertanks muss 1 200 m³ betragen.

Mit den folgenden Abbildungen soll die schrittweise Vergleichmäßigung und Verminderung der Ammoniumkonzentration durch die Stapeltanks zwischen Ort des Anfalls des Kondensatabwassers bis zum Zulauf zur Belebungsstufe demonstriert werden. Die Ordinate zeigt die Konzentration in mg/l NH4-N und die Abszisse die Simulationszeit in Stunden. Die Simulation basiert auf realen Messwerten aus dem Zeitraum von 7 Monaten. Unterbrechungen zwischen den Balken in den Diagrammen sind darauf zurückzuführen, dass zu dem jeweiligen Zeitpunkt der Abwasservolumenstrom = 0 ist (also an der jeweiligen Stelle kein Ablauf erfolgte).

Die letzte Abbildung verdeutlicht, dass der Abwasservolumenstrom im Ablauf des Klärwerks relativ stark schwankt. Das ist ein sichtbares Ergebnis der Steuerung des Eingangstanks Biologie: Die Steuerung wurde so konfiguriert, dass die der Belebung zugeführte CSB-Fracht möglichst geringe Ausschläge zeigt. Da sich die Fracht bekanntlich als Produkt aus Abwasservolumenstrom und Konzentration ergibt, wird der Abwasservolumenstrom bei hohen CSB-Konzentrationen gedrosselt und bei geringen CSB-Konzentrationen erhöht.

Aus selbiger Abbildung geht auch hervor, dass die gewünschte sichere Abreinigung der hohen Ammoniumfrachten aus dem zusätzlichen Teilstrom erreicht wird. Die NH4-N-Konzentration im Ablauf des Klärwerks ist über die gesamte Simulationsperiode so gering, dass deren Kurve fast mit der Abszisse zusammenfällt. Als höchsten Wert errechnete STOAT eine Konzentration von 1.6 mg/l. Somit ist hier ein genügend großer Sicherheitsabstand zum Überwachungswert gegeben.

Der Verlauf der Nitratkurve bestätigt, dass auf die Einrichtung einer zusätzlichen Denitrifikationsstufe verzichtet werden kann. Falls sich die Stickstofffracht wider Erwarten im praktischen Betrieb doch noch deutlich erhöhen sollte, kann diese Option zu einem späteren Zeitpunkt immer noch eingelöst werden.

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