Sieker
Sieker
The Stormwater Experts

Mulden-Rigolen-System (MRS)

Prinzip

Auf natürlichen Flächen führt ein geringerer kf-Wert des anstehenden Bodens zu einem Anstieg des Anteils des Oberflächenabflusses in der Wasserbilanz. Während ein sandiger Boden noch eine fast komplette Versickerung des Jahresniederschlages ermöglicht, fließt bei lehmigen oder tonigen Böden ein nicht unerheblicher Anteil oberirdisch bzw. in der Oberbodenschicht ab. Das Mulden-Rigolen-System (MRS) bildet diese Prozesse in einer technischen Anlage nach. Es bietet  Speicherraum sowohl in der oberirdischen Mulde als auch in der unterirdischen Rigole. Diese sind über einen Überlauf direkt kurzgeschlossen.

Durch die Vernetzung mehrerer Mulden-Rigolen-Elemente (MRE) wird der Anteil des Niederschlagsabflusses, der trotz der Zwischenspeicherung in Mulde und Rigole nicht versickert werden kann, gedrosselt abgeleitet.

Mulden-Rigolen-System in Berlin-Rummelsburg

Das MRS ist damit eine Regenwasserbewirtschaftungsmaßnahme und schließt die Lücke zwischen den reinen Versickerungsanlagen und den Ableitungssystemen. Der Einsatzbereich beginnt i. d. R. bei Böden mit einem kf-Wert < 1*10-6 m/s. Bei höheren Durchlässigkeiten ist meist eine vollständige Versickerung mit den vorgenannten Maßnahmen möglich. Ein anderer Einsatzbereich ist bei Staunässeböden gegeben. Gedichtete Ausführungen des MRS ermöglichen den Einsatz bei kontaminierten Böden oder bei stärker verschmutzten Niederschlagsabflüssen und entsprechen damit in ihrer Wirkungsweise den Retentionsbodenfilterbecken zur Misch- oder Regenwasserbehandlung. Über Erfahrungen mit dem Mulden-Rigolen-System wird u.a. in SIEKER [1998], STECKER [1997], ADAMS [1996], UHL[1993], PANNING [1997] berichtet.

Anwendungsbereich/Einschränkungen

Der Anwendungsbereich des Mulden-Rigolen-Systems ist vielfältig. Es kann überall dort eingesetzt werden, wo Versickerung erwünscht ist. Der Platzbedarf ist geringer als bei Flächen- oder Muldenversickerung. Durch die Kombination mit einer Rigole und der Möglichkeit einer gedrosselten Entleerung in einen Kanal ist der Einsatz auch bei schlecht sickerfähigen Böden (kf-Wert < 1*10-6 m/s) möglich.

Wasserwirtschaftliche Auswirkungen

Entsprechend der Intention des Mulden-Rigolen-Systems hängt die Wirkung auf den Wasserhaushalt stark von der Durchlässigkeit des anstehenden Bodens ab. Bei typischen Lehmböden können beispielsweise Versickerungsanteile im langjährigen Mittel von ca. 50% erreicht werden, 10% verdunsten, 40% werden gedrosselt abgeleitet. Ausführliche Berechnungen von Wasserbilanzen hat STECKER [1997] vorgenommen.

Beim Mulden-Rigolen-System wird der Großteil des Niederschlagsabflusses über die Mulde versickert und damit weitgehend gereinigt.

Kosten

BALKE & RUDOLPH [1997] geben für Mulden-Rigolen-Systeme inkl. Zuleitung Kosten von ca. 12,50-20 EUR/m² befestigter Fläche an. GEIGER & DREISEITL [1995] nennen 18 EUR/m²red, LONDONG [1999] 25 EUR/m² befestigter Fläche. Die von BORGWARDT [1994] genannten Kosten von 30-40 EUR/m² werden dadurch nicht bestätigt.

Betriebskosten für Mulden-Rigolen-Systeme setzen sich aus den Kosten für die Muldenpflege und den Wartungskosten für die Rigole bzw. für das Ableitungssystem zusammen.

Die durchschnittliche Nutzungsdauer von Mulden-Rigolen-Systemen kann aus den Angaben für unterirdische Versickerungsanlagen abgeleitet werden. Nach LAWA [1998] ist bei Rohrdränagen von 25-40 Jahren auszugehen.

Die Kosten für Pflege und Wartung werden mit ca. 0,50-0,75 EUR/(m²*a) angegeben.

Planung, Bemessung, Bau

Durch die Bemessung der Mulden auf n=1.0 und die Anordnung des Überlaufes kann ein Teil des erforderlichen Speichervolumens in den Untergrund verlagert werden. Der Flächenbedarf kann damit erheblich reduziert werden, i. d. R. auf ca. 10-12% der angeschlossenen befestigten Fläche.

Hinsichtlich der erforderlichen wasserrechtlichen Genehmigung gelten die selben Aussagen wie für reine Versickerungsverfahren.

Mulden-Rigolen-Systeme können mit einfachen Verfahren in Anlehnung an A138 bzw. A117 vordimensioniert werden. Besser ist ein Nachweis mittels Langzeitsimulation, wofür inzwischen mehrere Softwareprogramme verfügbar sind. In der Regel erfolgt die Bemessung des Gesamtsystems auf Überstauhäufigkeiten von n=0.2. Die Mulden werden meist auf n=1.0 bemessen.

Die Versickerung über Mulden-Rigolen-Anlagen wird erforderlich, wenn für eine ausschließliche Muldenversickerung nicht genügend Freifläche verfügbar ist, bzw. die Bodenverhältnisse eine ausschließlich natürliche Versickerung nicht zulassen.

Die benötigte Fläche ist abhängig von der gewählten Tiefe und der Böschungsneigung (siehe Dimensionierung im Anhang Konstante M).

Zwischen Mulde und Rigole befindet sich eine Mutterbodenschicht, das sog. Muldenbett. Das in der Mulde zwischengespeicherte Wasser versickert relativ schnell durch diese ca. 30 cm mächtige Mutterbodenschicht in den unter der Mulde angeordneten, mit Kies gefüllten Bodenspeicher, die sog. Rigole. Dabei findet eine weitgehende Reinigung des Regenwassers statt.

Zwischen Muldenbett und Rigole ist zusätzlich eine etwa 5 cm mächtige Schutzschicht, bestehend aus Kiessand, angeordnet. Diese dient der Rigole bzw. dem Filtervlies als Schutz vor Beschädigung.

Darüber hinaus sind Mulde und Rigole durch einen Überlauf verbunden, der die Aufgabe hat, bei Überlastung der Mulde und noch vorhandener Speicherkapazität der Rigole Wasser aus der Mulde "auf kurzem Wege" direkt in die Rigole zu leiten. Hinzu kommt, daß der kritische Lastfall "Regen bei gefrorenem Boden" durch den Überlauf technisch beherrscht werden kann, obwohl die Erfahrungen mit ausgeführten Anlagen gezeigt haben, daß eine ausreichende direkte Versickerung durch das Muldenbett auch bei gefrorenem Boden stattfindet.

Der Muldenüberlauf besteht in der Regel aus einem einfachen PE-HD-Rohr DN 250 (Durchmesser: 250mm), das mit Kies gefüllt wird. Dieses Rohr wird senkrecht in der Weise in eine Böschung der Mulde eingebracht, daß sich die Rohroberkante ca. 5 cm unterhalb der Muldenoberkante befindet. Dadurch wird ein Überlaufen der Mulde in den angrenzenden Gartenbereich verhindert. Die Rohrunterkante des Muldenüberlaufes sollte sich mindestens 10 cm unterhalb der Rigolenoberkante befinden.

Die Rigole besteht aus einem Kieskörper (Kies der Körnung 16/32), der zum Schutz vor Verschlämmung mit einem Geotextil bzw. Filtervlies ummantelt wird. Die Bewirtschaftung des Speicherraumes erfolgt über einen Drosselschacht aus PE-HD. Im Drosselschacht DN 650 (Durchmesser des Schachtes: 650 mm) oder DN 350 (Durchmesser des Schachtes: 350 mm) befindet sich das Anstau- und Drosselorgan. Der Anstau erfolgt durch die Abflussreduzierung mittels fest eingestellter Lochblende:

Das im Drosselschacht befindliche Ende des Rigolendränrohres ist sozusagen mit einer Kunststoffblende verschlossen, die mit einer Bohrung ganz bestimmten Durchmessers versehen ist. Die Größe dieser Bohrung richtet sich nach der an die Mulde angeschlossenen versiegelten Fläche.

Die Anstauhöhe entspricht der Rigolenoberkante und wird durch das Überlaufrohr im Schacht bestimmt. Der Schacht besteht einschließlich der Einbauten aus Kunststoff.

Der Drosselablauf wird an den öffentlichen Kanal angeschlossen.

Unterhaltung und Pflege

Die Unterhaltung und Pflege der Mulde verhält sich ähnlich wie bei der einfachen Muldenversickerung.

Rechtliche Aspekte

Mulden-Rigolen-Systeme können mit einfachen Verfahren in Anlehnung an A138 bzw. A117 vordimensioniert werden. Bei größeren Systemen ist die Bemessung mittels Langzeitsimulation zu empfehlen.

‹ back

 

 

Directory

Author
Dipl.-Ing. Frauke Jakobs
+49 3342 3595-22
f.jakobs[at]sieker.de