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Die Regenwasserexperten

Wasserhaushalt

Leitbild

Im Wasserhaushaltsgesetz (WHG 2010) spielt der Wasserhaushalt eine wichtige Rolle. In §5 „Allgemeine Sorgfaltspflichten“ Abs. 1 wird auf die Bedeutung verwiesen: „Jede Person ist verpflichtet, bei Maßnahmen, mit denen Einwirkungen auf ein Gewässer verbunden sein können, die nach den Umständen erforderliche Sorgfalt anzuwenden, …, 3. um die Leistungsfähigkeit  des Wasserhaushalts zu erhalten …“.

Auch im Bundesbodenschutzgesetz (BBodSchG 1998) findet sich in §4 die Forderung, dass „Jeder, der auf den Boden einwirkt, hat sich so zu verhalten, dass schädliche Bodenveränderungen nicht hervorgerufen werden“. Der Begriff Boden beinhaltet dabei nach §2 BBodSchG auch den Bodenwasserhaushalt.

Eine weitere Quelle für das Leitbild eines ausgeglichenen Wasserhaushalts findet sich in der Deutschen Anpassungsstrategie an den Klimawandel (BMUB, 2008). Dort wird die Erhöhung des Wasserrückhalts in der Fläche als eine Maßnahme mit Synergieeffekten für verschiedene Klimafolgen befürwortet. Auch in vielen regionalen und lokalen Initiativen wie z.B. dem Stadtentwicklungsplan Klima Berlin (STEP KLIMA, 2011), wird auf die Bedeutung eines ausgeglichenen Wasserhaltes für die Anpassung an den Klimawandel hingewiesen.

Eine Aufrechterhaltung des natürlichen Wasserhaushaltes bzw. die Schaffung eines ausgeglichenen, leistungsfähigen Wasserhaushaltes wird somit grundsätzlich als erstrebenswert angesehen.

Entwicklungsziele

Entwicklungsziele für einen ausgeglichenen Wasserhaushalt ergeben sich aus der EU-WRRL mit der Forderung nach einem guten mengenmäßigen Zustand des Grundwassers. Dies bezieht sich auf den gesamten Grundwasserleiter - lokale Anforderungen z.B. an eine bestimmte Grundwasserneubildungsrate lassen sich daraus aber nicht ableiten.

Die Forderung nach einem ausgeglichenen Wasserhaushalt lässt sich auch aus §6 WHG " Allgemeine Grundsätze der Gewässerbewirtschaftung" ableiten. Danach sind "an oberirdischen Gewässern so weit wie möglich natürliche und schadlose Abflussverhältnisse zu gewährleisten und insbesondere durch Rückhaltung des Wassers in der Fläche der Entstehung von nachteiligen Hochwasserfolgen vorzubeugen".

Weitere Entwicklungsziele für den Wasserhaushalt können sich auch aus städtebaulichen Regelungen ergeben.  Nach der BauGB-Novelle 2012 sind in der Bauleitplanung explizit Darstellungen von „Anlagen, Einrichtungen und sonstigen Maßnahmen, die der Anpassung an den Klimawandel dienen“ möglich. In verschiedenen regionalen und lokalen Planungen werden dementsprechend Maßnahmen zur Versickerung und Verdunstung gefordert. Beispiele dafür sind in einer Studie "Überflutungs- und Hitzevorsorge durch Stadtenwicklung" (BBSR, 2015) aufgeführt.

Zielgrößen

Maßgebende Zielgrößen für die Planung von Entwässerungsanlagen in untergesetzlichen Regelungen (Verordnungen, technische Regeln) sollten sich an dem vorgegebenen Leitbild eines natürlichen Wasserhaushaltes bzw. den daraus abgeleiteten Entwicklungszielen orientieren. Leider fehlt es bislang an einer Konkretisierung in Form von Zielgrößen, die auch für die alltägliche Praxis relevant wären.

In der Planungspraxis (z.B. der Ausweisung neuer Baugebiete) hat der Wasserhaushalt eines Gebietes derzeit so gut wie keine Bedeutung, obwohl die bisherige Praxis der weitgehenden Ableitung von Niederschlagsabflüssen massive Auswirkungen auf die Wasserbilanz eines Einzugsgebietes hat.
Vor diesem Hintergrund wurde vorgeschlagen, die langjährige, mittlere Wasserbilanz als Zielgröße für Planungen einzuführen (Sieker et. al., 2004). Eine konkrete Formulierung könnte z.B. wie folgt lauten:

„Der Wasserhaushalt des Einzugsgebietes soll durch die siedlungswasserwirtschaftlichen Maßnahmen, für die eine Erlaubnis beantragt wird, möglichst wenig gegenüber dem natürlichen Wasserhaushalt verändert werden. Eine tolerierbare Veränderung des Wasserhaushaltes ist dann als gegeben anzunehmen, wenn die Einzelkomponenten Abfluss und Versickerung der langjährigen mittleren Wasserbilanz des Einzugsgebietes um nicht mehr als 10 Prozentpunkte vom natürlichen Zustand abweichen. Der Anteil der Verdunstung darf dementsprechend um nicht mehr als 20 Prozentpunkte vom natürlichen Zustand abweichen“.

Wie diese Zielgröße in einer Planung konkret berücksichtigt werden kann, wird in der Fachinformation "Wasserhaushaltsmodellierung" behandelt.

Literatur

  • BBSR (2015): Überflutungs- und Hitzevorsorge durch Stadtenwicklung (Strategien und Maßnahmen zum Regenwassermanagement gegen urbane Sturzfluten und überhitze Städte), Studie im Rahmen des Förderprogrammes ExWoST, Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) im Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR), Bonn.

  • BMUB (2008): Deutsche Anpassungsstrategie an den Klimawandel, vom Bundeskabinett am 17. Dezember 2008 beschlossen, download von www.bmub.bund.de.

  • STEP KLIMA (2011): Stadtentwicklungsplan Klima, Urbane Lebensqualität im Klimawandel sichern, Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Berlin.

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Wegweiser

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Autor
Prof. Dr.-Ing. Heiko Sieker
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