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Die Regenwasserexperten

Mischwasserüberläufe

Ein besonderes Problem der regenbedingten stofflichen Belastung von Fließgewässern stellen Mischwasserüberläufe dar. Zu der bereits teilweise hohen Verschmutzung des Regenwassers selbst, kommt hier noch die Vermischung mit dem häuslichen und industriellen Abwasser hinzu. Weitere Informationen zur Verschmutzung von Mischwasserabflüssen finden sich in der Fachinformation "Schadstoffe im Mischwasserabfluss".

Mischsystem

Da die Leistungsfähigkeit der Kläranlage hydraulisch begrenzt ist (üblicherweise auf das 2-fache des Trockenwetterabflusses), muss bei Regenwetter ein Teil des Mischwassers über sogenannte Regenentlastungsanlagen abgeschlagen werden. Der Begriff Regenentlastung ist allerdings irreführend, da erstens kein Regenwasser sondern Mischwasser (unbehandelt) abgeschlagen wird. Und zweitens führt die Anlage zwar in Bezug auf Kanal und Kläranlage zu einer Entlastung, in Bezug auf die Gewässer aber zu einer erheblichen höheren Belastung. Besser wäre es, wie im englischsprachigen Raum auch den Begriff Mischwasserüberlauf (Combined Sewer Overflow) zu verwenden.

Von diesen Mischwasserüberläufen, mit denen unbehandeltes Mischwasser direkt in die Gewässer eingeleitet wird, geht eine nicht unerhebliche Gewässerbelastung aus. Zum einen werden die Gewässer hydraulisch und stoßartig mit sauerstoffzehrenden Schadstoffen belastet. Im Vergleich zu Regenwassereinleitungen aus dem Trennsystem werden durch Mischwasserüberläufe vermehrt Sauerstoff zehrende Stoffe eingetragen. Insbesondere in langsam fließenden oder stehenden Gewässern können Mischwasserüberläufe zu Sauerstoffdefiziten und Fischsterben führen.

Fischsterben in Berlin nach Mischwasserüberlauf

Der Grad der Verschmutzung variiert je nach Herkunftsfläche und örtlicher Situation sehr stark. Die Bandbreite reicht von nahezu unbelastet bis zu einer Verschmutzung, die vergleichbar mit häuslichem Abwasser ist. Regenwasserabflüsse von bebauten oder befestigten Flächen werden deshalb richtigerweise rechtlich als Abwasser eingeordnet, sobald sie gesammelt abfließen (§ 54 WHG). 

Weitere Informationen zu den stofflichen Belastungen von Regenabflüssen werden in der Rubrik Regenwasserbehandlung gegeben.

Die unbehandelte Einleitung von Regenwasserabflüssen in ein Gewässer kann zu erheblichen Gewässerbelastungen führen. Dass diese Probleme ernst zu nehmen sind, zeigen Auswertungen im Zuge der EU-Wasserrahmenrichtlinie. In vielen Einzugsgebieten liegt die Schmutzbelastung aus Niederschlagswasser heute höher als die aus der Summe der industriellen, gewerblichen und häuslichen Abwässer. Die nachfolgende Grafik zeigt beispielhaft einen relativen Vergleich der siedlungsbedingten Emissionspfade im Niederrheingebiet (umfasst ca. 53 % des Landes Nordrhein-Westfalen) für verschiedene Stoffparameter. Deutlich wird vor allem der hohe Anteil bei den Schwermetallen.

Zum anderen bewirkt die immer wiederkehrende Belastung z. B. mit Nährstoffen oder Schwermetallen, eine dauerhafte Gewässerbelastung. Belastungen der Sedimente und Eutrophierung können die Folge sein.

Zur Verminderung der Gewässerbelastungen werden bislang überwiegend Regenüberlaufbecken und Stauraumkanäle verwendet. Teilweise, wie z.B. in Berlin, wird auch die bestehende Kanalisation eingestaut (Stauraumbewirtschaftung). Diese Maßnahmen basieren auf dem Ansatz, das Mischwasser zeitweise zwischen zu speichern und nach Regenende der Kläranlage zuzuführen. Allerdings ist die Wirkung in der Praxis begrenzt, da der Bau von Speichervolumina mit hohen Kosten verbunden ist und meist nicht mehr als 2-3 mm Niederschlag zurückgehalten werden können.

Alternativen zur Mischwasserspeicherung sind die Mischwasserbehandlung (z.B. in Retentionsbodenfiltern) oder die Flächenabkopplung.

Literatur

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