Dachbegrünung
Prinzip
Dachbegrünungen werden eingesetzt um Niederschlagswasser auf den Dächern zurückzuhalten und den Anteil der Verdunstung im innerstädtischen Raum zu erhöhen.
Sie weisen gegenüber herkömmlichen Dächern mehrere Vorteile auf. Neben der gezielten Retention von Niederschlagsabflüssen sind dies:
Verbesserung des Kleinklimas
Reduzierung der Schadstoffe im Niederschlagsabfluss
Wärmedämmung im Sommer und Winter
Schutz des Dachaufbaus, längere Lebensdauer des Daches (OPTIMA [1999])
Schaffung von Ersatzlebensräumen für Pflanzen und Tiere
Aufwertung des visuellen Eindrucks
Als Nachteile werden die höhere Dachlast und damit eine aufwendigere Statik und allgemein die höheren Kosten genannt.
Nach der Begrünungsart werden extensive und intensive Dachbegrünungen unterschieden.
Extensive Dachbegrünungen (z. B. Moos-Sedum-Dächer) eignen sich aufgrund der geringen Auflast auch zum nachträglichen Aufbau auf bislang ungegrünten Flachdächern. Intensive Dachbegrünungen können bis zur kompletten Gartenlandschaft auf dem Dach bzw. der Tiefgarage mit Bäumen, Wegen, Teichen und Sumpfzonen reichen. Zahlreiche Hersteller bieten entsprechende Produkte an. Sonderformen dieser Produkte werden auch zur Gleisbettbegrünung eingesetzt.
Anwendungsbereich/Einschränkungen
Gründächer werden in der Regel auf Flächerdächern gebaut, können aber auch auf allen Dächern bis zu ca. 45° Dachneigung gebaut werden, wenn die statischen Verhältnisse des Daches dies zulassen. Bei Neubauten ist dies von vorhherein einzukalkulieren. Zusätzlich ist auf die entsprechende Abdichtungen nach Vorgabe des Herstellers und den Hinweisen der Fachverbände zu achten.
Wasserwirtschaftliche Auswirkungen
Dachbegrünungen bewirken einerseits eine Verminderung des Niederschlagsabflusses durch Verdunstung. Bei intensiven Gründächern kann damit sogar ein nahezu vollständiger Rückhalt des Regenwassers erreicht werden. Insbesondere bei extensiven Gründächern werden die verbleibenden Abflüsse in der Substratschicht zwischengespeichert und gedrosselt abgegeben. Die Höhe der Drosselung richtet sich dabei nach Art des Aufbaus auf dem Dach. Der Anteil der Verdunstung und das Maß der Retention werden vom Aufbau der Substratschicht, von der Dachneigung und eventuellen Abflussdrosseln bestimmt (HUHN & SWIRIDJUK [1994]). Abb. 1 zeigt das Rückhaltevermögen verschiedener Gründächer im Jahresmittel.
Um das Verhalten bei verschiedenen Regenereignissen beurteilen zu können, ist eine differenzierte Betrachtung des Systemverhaltens notwendig. HUHN & SWIRIDJUK [1994] haben für verschiedene Dachaufbauten Langzeitsimulationen mit einem N-A-Modell (z.B. STORM) durchgeführt. Dabei wurde der in der folgenden Abbildung dargestellte Dachaufbau zugrundegelegt.
Das Porenvolumen der Vegetationsschicht wird mit 35%, das der Dränschicht mit 40% angenommen. Die hydraulische Kapazität der Dränschicht wird mit 100 l/(s ha) angesetzt.
Variationen der Anstauhöhe zeigen, wie empfindlich die Wasserbilanz auf diesen Parameter reagiert. Nachfolgende Abbildung zeigt den Verdunstungsanteil und die Abflussspende einjähriger Wiederkehrhäufigkeit in Abhängigkeit der Anstauhöhe. Während sich bei einem Dachaufbau mit einem Anstau von 4 cm ein Verdunstungsanteil von ca. 60% erzielen lässt, liegt der Anteil bei fehlendem Anstau nur bei ca. 30%. Letztere Situation ist bei einem Schrägdach gegeben. Begrünte Schrägdächer haben damit keine sehr positive Wirkung auf den Wasserhaushalt. Wenn nicht andere Argumente (Kleinklima, bautechnische Gründe) dafür sprechen, sollten die erforderlichen Investitionen überdacht werden.
Begrünte Flachdächer mit Anstau können dagegen einen großen Beitrag im Hinblick auf eine natürliche Wasserbilanz liefern. Es ist aber zu bedenken, dass mit einem höheren Anstau auch die Anforderungen an die Statik des Dachaufbaus und damit die Kosten ansteigen. Zu berücksichtigen ist auch, dass mit einem höheren Anstau die Überlaufspitzen ansteigen können und die Entlastung des Kanalnetzes geringer ausfallen kann.
Gründächer können durch die Filtereigenschaften des Substrats bzw. der Bepflanzung eine mechanische und biologische Reinigung der Niederschlagsabflüsse bewirken. Andererseits ist sicherzustellen, dass aus den verwendeten Materialen keine Schadstoffe ausgewaschen werden. Gerade bei Recyclingmaterialien ist hier Vorsicht geboten.
Kosten
Die Kosten für die Herstellung sind vom Aufbau eines Gründaches abhängig. Für ein extensives Gründach können ca. 40-50 EUR/m² angenommen werden (Beispiel UFA-Fabrik in Berlin: 4000 m² extensives Gründach mit 10 cm Substratschicht ca. 40 EUR/m²). KÖNIG [1996] nennt ein Beispiel mit spezifischen Kosten von 26 EUR/m². Anfragen bei Herstellern haben geringere Preise ergeben (Fa. Harzmann-Optima: 15 - 16,50 EUR/m²).
Die Kosten für intensive Gründächer liegen deutlich höher. Bei Neubauten müssen die Kosten für einen herkömmlichen Dachaufbau (z. B. mit Kies) dagegen gerechnet werden.
Die Unterhaltungskosten für extensive Gründächer sind nach OTTERPOHL [1995] eher gering. Intensive Gründächer erfordern dagegen je nach Gestaltung eine aufwendigere Pflege, die aber dann sicherlich auch ihren gestalterischen Nutzen hat und nicht der Regenwasserbewirtschaftung zugeordnet werden muss..
Die "Lebenserwartung" von Gründächern wird nach Einschätzung der Fa. Optima von 15-20 Jahren bei einem normalen Kies-Flachdach auf ca. 30 Jahre erhöht. "Neutrale" Angaben über die Nutzungsdauer konnten nicht gefunden werden.
Planung, Bemessung, Bau
Empfehlungen für Planung, Ausführung und Pflege von Dachbegrünungen gibt eine Richtlinie der Forschungsgesellschaft Landschaftsentwicklung, Landschaftsbau e.V. (FLL [1995]) bzw. der Dachgärtnerverband.. Ähnlich wie bei Versickerungsanlagen besteht für Kommunen nach Bundesnaturschutzgesetz §§ 8a ff. und nach Baugesetzbuch (u.a. § 9) die rechtliche Grundlage, Eingriffe in die Natur auszugleichen und Dachbegrünungen in Bebauungsplänen festzusetzen.
Im Vergleich zu anderen Regenwasserbewirtschaftungsmaßnahmen ist der Flächenbedarf eines Gründaches gleich Null, da keine zusätzliche Fläche benötigt wird.
Einer der wichtigsten Punkte, die bei der Dachbegrünung zu beachten ist, ist die langfristige Dichtigkeit des Daches gegen drückendes Wasser.
Vor dem Bau einer Dachbegrünung ist unbedingt die Statik des Daches zu prüfen, auf dem die Dachbegrünung gebaut werden soll.
"Statische Anforderungen bewegen sich zwischen 50 und 170 kg für extensive Begrünungen. Für Dachgärten sind die Werte nach oben hin offen, allerdings sind 200 bis 300 kg/m2 als Mittelwerte für Dachgärten üblich. Das im Substrat gespeicherte Niederschlagswasser ist ein wesentlicher Gewichtsfaktor der Begrünungen. Über der Dachkonstruktion ist eine wurzelfeste Bahn aufzutragen. Ein Ablauf ist pro 200 bis 300 m2 einzuplanen. Eine Bewässerungsanlage ist bei Intensivbegrünung/Dachgärten erforderlich. Bei extensiven Begrünungen ist die Bewässerungsmöglichkeit hilfreich, wenn einsehbare Dachflächen aus optischen Gründen bewässert werden sollen bzw. zur Kleinklimaverbesserung in den Sommermonaten." SENSTADT [2010]
Unterhaltung, Pflege
Eine Unterhaltung der Dachbegrünung ist bei richtiger, standardort- und substratgerechter Auswahl der Pflanzen nicht erforderlich. Bei Gräsern kann eine Mahd notwendig werden. Wichtig ist die Dichtigkeitskontrolle des Daches und der darauf liegenden Dichtungsbahnen.
Rechtliche Aspekte
keine bekannt