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Hochwasser-Risiko-Management-Richtlinie

Hochwasser an der Elbe

Die EG-Hochwasserrisiko-Managementrichtlinie (HRWM-RL) hat 2007 offiziell den Risiko-Begriff in die Deutsche Wasserwirtschaft eingeführt. Der Begriff Hochwasserrisiko ist dabei definiert als die „Kombination der Wahrscheinlichkeit des Eintritts eines Hochwasserereignisses und der hochwasserbedingten potenziellen nachteiligen Folgen auf die menschliche Gesundheit, die Umwelt, das Kulturerbe und wirtschaftliche Tätigkeiten.“ Vereinfacht bedeutet Risiko damit:

Risiko =  Eintrittswahrscheinlichkeit * Schadenserwartung

Diese Definition ist deutlich enger gefasst als die umgangssprachliche Verwendung des Begriffes Risiko, bei der häufig die Kombination zwischen Wahrscheinlichkeit und Schadenshöhe nicht berücksichtigt wird. Der Risiko-Ansatz unterscheidet sich deutlich von dem bisherigen Konzept eines festen Hochwasserschutzziels. So wurden bislang Hochwasserschutzanlagen mit einem Bemessungsereignis (Bemessungsregen oder -abfluss) einer Eintrittswahrscheinlichkeit von T=100 a bemessen - unabhängig von den vorhandenen Schadenspotenzialen. Der neue Ansatz erlaubt dagegen eine Differenzierung zwischen Bereichen mit hohen Schadenspotenzialen (wie z.B. Innenstädten, Gewerbegebieten, etc.) oder solchen mit eher geringen Schadenspotenzialen im Hochwasserfall (Landwirtschaftliche Flächen, Brachen, etc.).

Ziel der HRWM-Richtlinie ist es, „einen Rahmen für die Bewertung und das Management von Hochwasserrisiken zur Verringerung der hochwasserbedingten nachteiligen Folgen auf die menschliche Gesundheit, die Umwelt, das Kulturerbe und wirtschaftliche Tätigkeiten in der Gemeinschaft zu schaffen“. Wesentliches Instrument dafür sind gemäß Artikel 6 der Richtlinie Hochwassergefahrenkarten und Hochwasserrisikokarten. Diese Karten sind bis Ende 2013 für alle Flussgebietseinheiten zu erstellen, für die nach einer vorläufigen Bewertung (gemäß Artikel 5 HWRM-RL bis Ende 2011 durchzuführen) ein potenziell signifikantes Hochwasserrisiko besteht. Sie bilden die Grundlage der bis 2015 zu erstellenden Hochwasserrisiko-Managementpläne, mit denen Ziele und Maßnahmen für das Hochwasserrisikomanagement festgelegt werden sollen. Mit der WHG-Novelle von 2009 wurde die HRWM-Richtlinie in nationales Recht überführt.

Gemäß Artikel 7 (2) der HWRM-RL legen die Mitgliedstaaten „angemessene Ziele für das Hochwasserrisikomanagement fest, wobei der Schwerpunkt auf der Verringerung potenzieller hochwasserbedingter nachteiliger Folgen für die menschliche Gesundheit, die Umwelt, das Kulturerbe und wirtschaftliche Tätigkeiten und, sofern angebracht, auf nicht-baulichen Maßnahmen der Hochwasservorsorge und/oder einer Verminderung der Hochwasserwahrscheinlichkeit liegt“.

Nach WHG §75 (2) dienen Risikomanagementpläne dazu, „die nachteiligen Folgen, die an ober-irdischen Gewässern mindestens von einem Hochwasser mit mittlerer Wahrscheinlichkeit … ausgehen, zu verringern, soweit dies möglich und verhältnismäßig ist“. Nach §74 (2) haben Hochwasser mittlerer Wahrscheinlichkeit ein voraussichtliches Wiederkehrintervall von mindestens 100 Jahren.

Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben können durch die Wasserbehörden Wiederkehrzeiten als Hochwasserschutzziele festgelegt werden. Diese Werte sind allerdings entsprechend dem Risikomanagementansatz nicht als statische Ziele zu betrachten. Zum einen ist die Verhältnismäßigkeit zur Erreichung der Schutzziele zu beachten. Zum anderen sind auch die Folgen extremer Ereignisse mit einem Wiederkehrintervall größer 100 Jahre bei der Planung zu berücksichtigen.

Bei der Erarbeitung der Hochwasserrisikomanagementpläne sind nach §75 (3) WHG bzw. Artikel 7 der HWRM-RL relevante Aspekte „wie etwa Kosten und Nutzen, Ausdehnung der Überschwemmung und Hochwasserabflusswege und Gebiete mit dem Potenzial zur Retention von Hochwasser, wie z. B. natürliche Überschwemmungsgebiete, die umweltbezogenen Ziele des Artikels 4 der Richtlinie 2000/60/EG (der EG-WRRL), Bodennutzung und Wasserwirtschaft, Raumordnung, Flächennutzung, Naturschutz, Schifffahrt und Hafeninfrastruktur“ zu berücksichtigen.

Weiterhin fordert Art. 7 (3) Satz 4. dass Hochwasserrisikomanagementpläne alle Aspekte des Hochwasserrisikomanagements erfassen, wobei der Schwerpunkt auf Vermeidung, Schutz und Vorsorge, einschließlich Hochwasservorhersagen und Frühwarnsystemen, liegt und die besonderen Merkmale des betreffenden Einzugsgebietes bzw. Teileinzugsgebietes berücksichtigt werden. Die Unterstützung nachhaltiger Flächennutzungsmethoden, die Verbesserung des Wasserrückhalts und kontrollierte Überflutungen bestimmter Gebiete im Falle eines Hochwasserereignisses können ebenfalls in die Hochwasserrisikomanagementpläne einbezogen werden.

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Autor
Prof. Dr.-Ing. Heiko Sieker
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