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Kanalnetzberechnung

Die Kanalnetzberechnung ist die Grundlage für den Entwurf neuer und die hydraulische Überprüfung vorhandener Kanalnetze. Aus dem Oberflächenabfluss und dem Trockenwetterabfluss wird je Kanalabschnitt der resultierende Abfluss im Kanal berechnet.

Die Anforderungen an die Kanalnetzberechnung nach Stand der Technik sind im Arbeitsblatt DWA-A 118 dargestellt.

Prinzip

Der Ablauf der Berechnung beinhaltet die Teilschritte:

  • Bereitstellung geeigneter Daten zum Niederschlag als Modellregen oder in Form von Zeitreihen
  • Berechnung des Oberflächenabflusses
  • Ermittlung des Trockenwetterabflusses aus Schmutz- und Fremdwasser
  • Berechnung des Abflusses im Kanalnetz

Bei der Berechnung des Abflusses im Kanalnetz werden hydrologische und hydrodynamische Methoden unterschieden.

Hydrologische Methoden berücksichtigen den Transport (Translation) und die Dämpfung (Retention) einer Abflusswelle mit Hilfe von Übertragungsfunktionen. Im Nachgang können daraus Wasserstände berechnet werden. Rückstau und Fließumkehr können nicht berücksichtigt werden. Damit sind hydrologische Modelle nicht geeignet, Überlastungszustände im Kanalnetz abzubilden.
Ein häufig eingesetztes hydrologisches Verfahren ist das Zeitbeiwertverfahren, das zum Beispiel für die Bemessung der Grundstücksentwässerung eingesetzt wird.

Hydrodynamische Methoden basieren auf der Abbildung des Fließvorganges nach den Saint-Venant-Gleichungen. Wasserstand und Abfluss werden zeitschrittweise je Element (Haltung) iterativ berechnet, wofür verschiedene Software-Lösungen zur Verfügung stehen.

Anwendungsfälle

Im Rahmen der Entwässerungsplanung können folgende Anwendungsfälle für die hydrodynamische Kanalnetzberechnung unterschieden werden:

  • Neubemessung
  • Nachrechnung bestehender Systeme
  • Berechnung von Sanierungsvarianten
  • Nachweis der Überstauhäufigkeit

Je nach Anwendungsfall ist nach DWA-A118 eine geeignete Berechnungsmethode zu wählen. Für die Neubemessung ist dies das Bemessungsverfahren, für alle übrigen Anwendungsfälle das Nachweisverfahren.

Bemessungsverfahren

Für die Neubemessung eines geplanten Entwässerungssystems wird das lagemäßig verortete und unter Berücksichtigung der Mindestnennweiten vordimensionierte Kanalnetzmodell im Fließzeitverfahren (z.B. Zeitbeiwertverfahren) berechnet. Die Dimensionierung der Haltungen ist so anzupassen, dass die maximal Auslastung bei 90%  (Qges/Qvoll) liegt.

Die Niederschlagsspende rD,n für die Bemessung wird von der zuständigen Behörde vorgegeben oder kann dem KOSTRA-Datensatz des DWD entnommen werden. Im letzteren Fall ist die Niederschlagsspende für den betrachteten Standort so zu wählen, dass die Regendauer D gleich der Fließzeit im Kanalnetz ist. Die Häufigkeit n richtet sich nach der Art des Entwässerungsgebietes:

  • Ländliche Gebiete: 1-mal in 1 Jahr (n=1a-1)
  • Wohngebiete: 1-mal in 2 Jahren (n=0,5 a-1)
  • Stadtzentren, Industrie- und Gewerbegebiete: 1-mal in 5 Jahren (n=0,2 a-1)
  • Unterirdische Verkehrsanlagen: 1-mal in 10 Jahren (n=0,1 a-1)

Die Neubemessung kann auch mittels hydrodynamischer Kanalnetzberechnung mit einem Modellregen Euler Typ II erfolgen.

Im Anschluss an die Dimensionierung ist insbesondere für größere Kanalnetze eine Nachweisrechnung durchzuführen. In der Regel ist dies der Nachweis der Überstauhäufigkeit.

Nachweisverfahren

Für das Nachweisverfahren sollte in jedem Fall die hydrodynamische Kanalnetzberechnung genutzt werden, um Überlastungen und ihre Folgen (Rückstau, Überstau) abbilden zu können. Zielgröße für den rechnerischen Nachweis von Entwässerungsnetzen ist nach DWA-A 118 die Überstauhäufigkeit. Als Überstau ist das Überschreiten eines bestimmten Bezugsniveaus (in der Regel der Geländeoberkante) zu verstehen.

Die Berechnung kann mit einem Euler-Modellregen Typ II oder Langzeitseriensimulation erfolgen. Die DWA-A 118 nennt folgende maximale Überstauhäufigkeiten nach der Art des Entwässerungsgebietes:

  • Ländliche Gebiete: 1-mal in 2 Jahren (n=0,5 a-1)
  • Wohngebiete: 1-mal in 3 Jahren (n=0,33 a-1)
  • Stadtzentren, Industrie- und Gewerbegebiete: : 1-mal in 5 Jahren (n=0,2 a-1)
  • Unterirdische Verkehrsanlagen: 1-mal in 10 Jahren (n=0,1 a-1)

Bei der Berechnung mit Euler-Modellregen sollte die Regenspende rD,n so gewählt werden, dass die Dauerstufe D mindestens dem Zweifachen der Fließzeit im Kanalnetz entspricht und n gleich der maximalen Überstauhäufigkeit ist. Die Entwässerungssicherheit ist nachgewiesen, wenn bei Belastung mit diesem Modellregen kein Überstau im Kanalnetz auftritt.

Bei der Nachweisrechnung mit Langzeitseriensimulation (Starkregenserie) wird die Überstauhäufigkeit nÜ aus der Anzahl der Überstauereignisse je Schacht berechnet:

nÜ = x / M 

mit
x: Anzahl der Ereignisse mit Überstau je Schacht
M: Anzahl der Jahre, die der Starkregenserie zugrunde liegt

Software

Gebräuchliche Software-Lösungen für die Kanalnetzberechnung sind unter anderem:

  • InfoSWMM von InnoAqua / Innovyze,
  • InfoWorks ICM von InnoAqua / Innovyze,
  • die freie Software SWMM der United States Environmental Protection Agency (EPA),
  • HYSTEM EXTRAN der itwh GmbH,
  • MIKE URBAN von DHI

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Wegweiser

Fachinformationen 2 Projekte 2 Produkte 1 Seiten 1
Autor
Dipl.-Ing. Frauke Jakobs
+49 3342 3595-22
f.jakobs[at]sieker.de