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Die Regenwasserexperten

01.06.2015:

Editorial GWF Wasser|Abwasser 06/2015: Dezentrale Regenwasserbewirtschaftung

Dezentrale Regenwasserbewirtschaftung: „Mittel der Wahl“ für die Anpassung bestehender Entwässerungssysteme

Der Klimawandel und vor allem die weiter zunehmende Flächenversiegelung führen zu erhöhten Starkregenabflüssen! Neue Forschungsergebnisse bestätigen, dass Starkregen in Deutschland zukünftig häufiger auftreten werden [1]. Hinzu kommt, dass die Siedlungs- und Verkehrsflächen seit Anfang der 90er Jahre um ca. 20% zugenommen haben, Nachverdichtungen in bestehenden Siedlungsgebieten nicht eingerechnet. Sofern wir unseren heutigen „Entwässerungskomfort“ erhalten wollen, müssen bestehende Entwässerungssysteme an diese Entwicklungen angepasst werden.

Ein weiterer Anpassungsdruck entsteht in Mischsystemen. Selbst wenn die Mischwasserbehandlung den Regeln der Technik entspricht, laufen Mischkanalisationen in Deutschland im Mittel 20-40 Mal pro Jahr über. Ab Niederschlagshöhen von wenigen Millimetern wird Abwasser ungereinigt in die Gewässer eingeleitet. Der EuGH hat jüngst in einem Urteil festgestellt, dass diese Praxis nicht länger tolerierbar ist. Auch hier werden mutmaßlich Anpassungsmaßnahmen erforderlich sein.

Hinzu kommt die Forderung nach einem ausgeglichenen Wasserhaushalt und mehr Rückhalt in der Fläche als Grundlage für die Erreichung der Ziele der EU-Wasserrahmenrichtlinie und der Hochwasser-Risiko-Management-Richtlinie. Durch den Klimawandel erhöht sich auch hier der Druck auf die Wasserwirtschaft, bestehende Entwässerungssysteme anzupassen.

Die Dezentrale Regenwasserbewirtschaftung hat sich als „Mittel der Wahl“ für die Anpassung bestehender Entwässerungssysteme an die Herausforderungen des Klimawandels herausgestellt. Kleinteilige Maßnahmen, wie z.B. Versickerungsanlagen, begrünte Dächer, durchlässige Pflasterbelege oder Regenwassernutzungsanlagen, sind hervorragend geeignet, in Bestandsgebieten bestehende Entwässerungssysteme zu ergänzen und so die erhöhten Abflüsse zu kompensieren. Diese Maßnahmen sind technisch erprobt (für alle genannten gibt es technische Regeln), flexibel und robust. Darüber hinaus haben sie weitere Vorteile, wie z.B. eine positive Wirkung für das Stadtklima oder auf die Biodiversität. Eine simple Vergrößerung der Kanalnetze führt dagegen zu enormen Kosten und verlagert die Probleme nur auf die Unterlieger.

Die Akzeptanz für Maßnahmen der dezentralen Regenwasserbewirtschaftung ist mittlerweile groß. Eine Umfrage [2] unter mehr als 1900 Architekten, Ingenieuren und Behörden hat ergeben, dass über 80 % der Befragten die dezentrale Regenwasserbewirtschaftung als positiv bewertet. Die Erfahrungen bereits realisierter Anlagen sind mit über 90 % durchweg positiv. Einer verbreiteten Anwendung zur Anpassung bestehender Entwässerungssysteme steht somit nichts entgegen!

[1] Pressemitteilung des Deutschen Wetterdienstes vom 7.8.2014

[2] Bundesweite Planerumfrage 2015 zur dezentralen Regenwasserbewirtschaftung der Mall GmbH

 

 

 

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Autor
Prof. Dr.-Ing. Heiko Sieker
+49 3342 3595-0
h.sieker[at]sieker.de