Sieker
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Die Regenwasserexperten

Mulden-Rigolen-Elemente

Prinzip

Wie die Versickerungsmulden oder die Rigole ist auch das Mulden-Rigolen-Element eine unvernetzte, dezentrale Versickerungsmaßnahme. Im Vergleich zur Muldenversickerung wird zur kurzfristigen Speicherung von Regenwasser neben der oberirdisch angeordneten Mulde auch eine unterirdisch angeordnete Rigole verwendet. Die Rigole ist unterhalb der Mulde angeordnet und mit Kies, Kunststofffüllkörpern oder anderen Materialien gefült. Das Element Rigole wird dann zusätzlich zur reinen Muldenversickerung benötigt, wenn wegen geringer Platzverhältnisse oder mittlerer Versickerungseigenschaften der Böden eine reine Muldenversickerung nicht ausreicht.

Die Rigole wird einerseits durch die Versickerung des Regenwassers durch die Mulde gespeist, andererseits durch den Überlauf von der Mulde in die Rigole. Dieser Überlauf leitet Wasser direkt von der Mulde in die Rigole, wenn das Speichervolumen der Mulde erschöpft ist. Die Rigole entwässert über Versickerung auf der Sohle und den Seiten in den anstehenden Bodenkörper.
An der Oberfläche unterscheidet sich das Mulden-Rigolen-Element kaum von der Muldenversickerung. Einzig der Überlauf von der Mulde in die Rigole verrät, dass es auch noch ein unterirdisches Bauelement gibt. 

Grundsätzlich sollte der Überlauf in der Mulde so angebracht werden, dass das vollständige Volumen der Mulde ausgenutzt wird, bevor der Überlauf „anspringt“.

Anwendungsbereich/Einschränkungen

Ein Mulden-Rigolen-Element wird i.d.R. dann verwendet, wenn die Muldenversickerung zur Regenwasserbewirtschaftung auf Grund von Platzverhältnissen und/oder mäßigen Infiltrationsleistungen des Bodens nicht ausreicht. Durch die Anordnung der Rigole als zusätzlichen Speicherraum kann eine Dimensionierung auch bei beengten Platzverhältnissen erfolgen.

Durch die Bemessung der Mulden auf n=1.0 (anstelle von n=0.2 bei reinen Versickerungsmulden) und die Anordnung eines Überlaufes kann ein Teil des erforderlichen Speichervolumens in den Untergrund verlagert werden. Der Flächenbedarf kann damit im Vergleich zur Muldenversickerung erheblich reduziert werden, i. d. R. auf ca. 10-12% der angeschlossenen befestigten Fläche (gegenüber 15-20% bei bei reinen Versickerungsmulden).

Grundsätzlich müssen jedoch Bedingungen zur vollständigen Versickerung des anfallenden Regenwassers vorliegen. Das MRE kann nicht als ausreichende dezentrale Maßnahme verwendet werden, wenn z.B.

  • Die Infiltrationsleistung des Bodens sehr schlecht ist, dass der Speicher aus Mulde und Rigole nach wie vor nicht ausreicht

  • Im Boden Schichten- oder Stauwasser auftritt (und eine zeitweise Dränung notwendig wird)

  • Das Grundwasser so oberflächennah ansteht, dass eine Versickerung aus der Rigole nicht möglich ist

In diesen Fällen sollte anstelle des (unvernetzten) Mulden-Rigolen-Elementes ein Mulden-Rigolen-System zu Anwendung kommen.

Quantitative Wirkung auf den Wasserhaushalt

Durch die Anwendung des MRE wird der Direktabfluss reduziert und die Wasserbilanz zugunsten der Versickerung verschoben. Die Verdunstung erhöht sich durch die Mulde geringfügig.

Schadstoffreduktion, bzw. -rückhalt

Auch in einem Mulden-Rigolen-Element wird der überwiegende Anteil der Niederschlagsabflüsse über die belebte Bodenzone versickert. Die Reinigungsleistung einer korrekt ausgeführten belebten Bodenzone wird allgemein als sehr gut angesehen und stellt die Referenzbehandlung auch für technische Regenwasserbehandlungsanlagen dar. Details dazu in der Fachinformation "Belebte Bodenzone".

Im MR-Element wird bei sehr starken Niederschlägen ein Teil des Regenwassers über einen Bypass an der belebten Bodenzone vorbei direkt in die Rigole eingeleitet. Obwohl sich der Flächenbedarf eines Mulden-Rigolen-Elementes gegenüber einer Versickerungsmulde (bei gleichen Bemessungsansätzen) fast halbiert, ist der Anteil der Wassermenge, die im Jahresmittel über den Überlauf gelangt sehr gering. Langzeitsimulation für Berliner Niederschlagsverhältnisse haben gezeigt, dass dieser Anteil bei etwa 1% der Jahreszuflussmenge liegt.

Hinzu kommt die Sedimentationswirkung in der Mulde. Der Muldenüberlauf in einem Mulden-Rigolen-System ist immer oben angeordnet (Prinzipskizze MR-Element) Der Überlauf springt somit erst bei Vollfüllung der Mulde an.Damit weist die Mulde neben der Filtrationsleistung der belebten Bodenzone auch eine Sedimentationswirkung auf. Dies bedeutet, dass eine Versickerungsmulde mit Überlauf wie ein Regenklärbecken ohne Dauerstau funktioniert. Feststoffe können sich absetzen, bevor Abflüsse in den Überlauf gelangen. Die Entleerung erfolgt durch Versickerung.

Durch eine geeignete Konstruktion der Überläufe, wie sie z.B. an der Rummelsburger Bucht eingebaut wurden, können darüber hinaus Schwimmstoffe zurückgehalten werden. Eine Auswertung der Langzeitsimulation hat gezeigt, dass die Oberflächenbeschickung der Mulde am Busparkplatz im Falle des Überlaufens im Mittel bei 0,05 m/h liegt. Dieser Wert ist im Vergleich zu anderen Sedimentationsanlagen sehr gut. Typische Regenklärbecken werden auf Oberflächenbeschickungen von 10 m/h ausgelegt, also ca. 200 mal (!) höher beschickt als eine Versickerungsmulde.

Planung, Bemessung, Bau

Die Bemessung von Mulden-Rigolen-Elementen erfolgt in Deutschland nach dem DWA-A 138 (vereinfachtes Verfahren) oder alternativ mit der Methode der Langzeitsimulation.

Die Versickerung über Mulden-Rigolen-Anlagen wird erforderlich, wenn für eine ausschließliche Muldenversickerung nicht genügend Freifläche verfügbar ist, bzw. die Bodenverhältnisse eine ausschließlich natürliche Versickerung nicht zulassen.

Mulden-Rigolen-Elemente können mit einfachen Verfahren in Anlehnung an DWA-A 138 vordimensioniert werden. Besser ist ein Nachweis mittels Langzeitsimulation, die inzwischen von verschiedenen Softwareprogrammen durchgeführt werden können. In der Regel erfolgt die Bemessung des Gesamtsystems auf Überstauhäufigkeiten von n=0.2. Die Mulden werden meist auf n=1.0 bemessen. Je nachdem, ob der Rigolenkörper aus Kies (30% Porenvolumen) oder Kunststoff (70-95% Porenvolumen) besteht, variiert das benötigte Aushubvolumen.

Die benötigte Fläche ist abhängig von der gewählten Tiefe und der Böschungsneigung (siehe Dimensionierung im Anhang Konstante M).

Zwischen Mulde und Rigole befindet sich eine Mutterbodenschicht, das sog. Muldenbett. Das in der Mulde zwischengespeicherte Wasser versickert relativ schnell durch diese ca. 30 cm mächtige Mutterbodenschicht in den unter der Mulde angeordneten, mit Kies gefüllten Bodenspeicher, die sog. Rigole. Dabei findet eine weitgehende Reinigung des Regenwassers statt.

Die Rigole wird mit Kies, Kunststofffüllkörpern oder anderen Materialien gefült. Die Kunststofffüllkörper zeichnen sich gegenüber Kies durch ein Porenvolumen von über 90% aus. Das Porenvolumen von Kies dagegen beträgt je nach Körnung nur zwischen 25-35%.

Zwischen Muldenbett und Rigole ist zusätzlich eine etwa 5 cm mächtige Schutzschicht, bestehend aus Kiessand, angeordnet. Diese dient der Rigole bzw. dem Filtervlies als Schutz vor Beschädigung.
Darüber hinaus sind Mulde und Rigole durch einen Überlauf verbunden, der die Aufgabe hat, bei Überlastung der Mulde und noch vorhandener Speicherkapazität der Rigole Wasser aus der Mulde "auf kurzem Wege" direkt in die Rigole zu leiten. Hinzu kommt, dass der kritische Lastfall "Regen bei gefrorenem Boden" durch den Überlauf technisch beherrscht werden kann, obwohl die Erfahrungen mit ausgeführten Anlagen gezeigt haben, daß eine ausreichende direkte Versickerung durch das Muldenbett auch bei gefrorenem Boden stattfindet.

Unterhaltung, Pflege

Die Vegetationspflege (Rasen oder Stauden und Gehölze) verhält sich entsprechend des sonst üblichen Aufwandes bei einer Freifläche. Wichtig ist das Freihalten der Versickerungsfläche und des Einlaufbereiches von Laub u.ä. Bei Nachlassen der Versickerungsleistung sollte der Rasen vertikutiert werden.

Kosten

Investitionskosten

Die Kosten für ein Mulden-Rigolen-Element setzen sich aus den Kosten für die Rigole und denen für die Versickerungsmulde zusammen. Da Versickerungsmulden sehr preiswert hergestellt werden können, sollte ein möglichst großer Anteil (unter Berücksichtigung der Platzverhältnisse) des notwendigen Speichervolumens in der Mulde realisiert werden.

Für einfache Versickerungsmulden inkl. einfacher Zuleitung können ca. 5-7,50 EUR/m² befestigter Fläche veranschlagt werden.Die Kosten

Bezogen auf die Muldenfläche liegen die Kosten bei 35-45 EUR/m² Muldenfläche. Die Kostenangaben beziehen sich auf die reinen Erstellungskosten einer Mulde. Bei Abkopplungsmaßnahmen müssen die Kosten für etwaige Änderung der Zuleitung hinzu gerechnet werden.

Bei der Betrachtung der Herstellungskosten ist zu berücksichtigen, dass Flächen- bzw. Muldenversickerungsanlagen im Zuge einer Neugestaltung von Freiflächen oder mit Eigenleistung der Grundstücksbesitzer deutlich preiswerter hergestellt werden können. Ein nicht unerheblicher Anteil der genannten Herstellungskosten ist der Freiraumgestaltung zuzuordnen.

Betriebskosten

Betriebskosten für Mulden-Rigolen-Elemente setzen sich aus den Kosten für die Muldenpflege und den Wartungskosten für die Rigole zusammen.

Die durchschnittliche Nutzungsdauer von Mulden-Rigolen-Elementen kann aus den Angaben für unterirdische Versickerungsanlagen abgeleitet werden. Nach LAWA [1998] ist bei Rohrdränagen von 25-40 Jahren auszugehen.

Rechtliches

Hinsichtlich der wasserrechtlichen Erlaubnis gelten dieselben Aussagen wie für Versickerungsmulden.

Literatur

  • DWA (2005): DWA-Arbeitsblatt A 138: Planung, Bau und Betrieb von Anlagen zur Versickerung von Niederschlagswasser. Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e. V., Hennef.

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Wegweiser

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Autor
Prof. Dr.-Ing. Heiko Sieker
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Dipl.-Geogr. Stephan Bandermann
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