Sieker
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Die Regenwasserexperten

Retentionsbodenfilter

Prinzip

Bodenfilter können sowohl zur Regenwasserbehandlung im Trennsystem als auch zur Misch-wasserbehandlung (Mischsystem) eingesetzt werden [Brunner, 1998], [MUNLV-NRW, 2003], [LFU BW, 2002].

Im Falle der Regenwasserbehandlung im Trennsystem bestehen Bodenfilterbecken in der Regel aus möglichst naturnah gestalteten, offenen Erdbecken. Ihre bepflanzte Sohle ist als Filterkörper ausgebildet, unter dem eine Drainage angeordnet ist. Die Filtergeschwindigkeit ist abhängig von der Durchlässigkeit des Filterkörpers. Die Drainage führt das gereinigte Wasser gedrosselt an den Vorfluter ab. Durch eine Drossel im Ablauf kann die Aufenthaltszeit im Boden und so die Reinigungsleistung des Beckens gesteuert werden.

Anwendungsbereich/Einschränkungen

Um eine vorzeitige Kolmation des Retentionsbodenfilters (RBF) zu vermeiden bzw. zu verzögern, ist dem RBF ein Regenklärbecken vorzuschalten. Dieses kann sowohl im Dauerstau, als auch ohne Dauerstau betrieben werden. Die Vor- und Nachteile sind im Kapitel Regenklärbecken beschrieben.

Retentionsbodenfilter mit vorgeschaltetem Regenklärbecken ohne Dauerstau

Im Falle der Behandlung von Regenablaufwasser von Straßen wird das Becken gedichtet ausgeführt. Ist eine Dichtung erforderlich, um unkontrollierte Stoffeinträge in den Boden zu vermeiden (in Abhängigkeit von der eingeleiteten Niederschlagswasserqualität und den Grundwasserverhältnissen), ist diese bei hohen Grundwasserständen gegen Auftrieb zu sichern. In der Ausführung kann dies auch eine massive Betonwanne als Dichtung zur Folge haben. Im Einzelfall ist zu prüfen ob auf eine Dichtung verzichtet werden kann.


In flachen Gebieten muss der Zulauf zum Bodenfilter oft gehoben, d.h. gepumpt, werden müssen. Das hat für den Anteil des zu behandelnden Niederschlagswassers hohe Energiekosten zur Folge. Als Ausgleich kann dem Filter ein Retentionsraum vorgeschaltet werden. Nach Notwendigkeit kann zusätzlich auch ein Schlammfang und ein Ölabscheider vorgesehen werden. Im Becken sind ein Grundablauf und ein Notüberlauf erforderlich. Das nicht behandelte Wasser im Retentionsraum kann zur Behandlung in die  Kläranlage geleitet werden.

Wasserwirtschaftliche Auswirkungen/Reinigungsleistung

Die Schadstoffkonzentration des abfließenden Wassers ist vom Filtermaterial, dessen Kornverteilung, der Aufbaustärke, der hydraulischen Belastung des Filters sowie der Beschaffenheit des Zuflusses abhängig. Für die Regenwasserbehandlung mit Bodenfiltern liegen einige Untersuchungen vor. Die Anlagen können im Teilstrom AFS fast vollständig zurückhalten. Auch für die übrigen Parameter können gute Reinigungsleistungen erzielt werden.

Die hier dargestellten Ergebnisse beziehen sich auf Ergebnisse von Bodenfilteranlagen aus der Mischwasserbehandlung und Bodenfilteranlagen in Trennsystemen.

Gemessene Reinigungsleistungen von Mischwasserbodenfiltern bezüglich AFS, CSB und Nährstoffen [MUNLV-NRW, 2003]

Die Ergebnisse aus vorstehender Tabelle zeigen durchgehend einen guten Rückhalt bezüglich AFS und CSB. Auch für die Nährstoffe werden gute Rückhalte erzielt. Allerdings schwanken die Werte hier deutlich. Dies scheint mit der unterschiedlichen Konstruktion und Betriebsweise der aufgeführten Anlagen zusammenzuhängen. Auffällig sind die erheblich schlechteren Reinigungsleistungen in der Anlage Alsdorf.

Gemessene Reinigungsleistungen von Mischwasserbodenfiltern bezüglich Schwermetalle [MUNLV-NRW, 2003] 

Die Rückhalteleistung liegt bei fast allen untersuchten und dargestellten Parametern mit über 80% sehr hoch. Nur für Mn werden in Wüflrath lediglich 65% angegeben.

Gemessene Reinigungsleistungen eines Regenwasserbodenfilters [Hamburg 2000]

Die im Hamburger Projekt Halenreie gemessenen Werte decken sich mit den Angaben aus Nordrhein-Westfalen. Dies gilt sowohl für den guten Reinigungserfolg bei Nährstoffen als auch bei den Schwermetallen.

Gemessene Stoffakkumulation im Mischwasserbodenfilter Fulda Fellenweg mittlere Werte, gemessen über 5 Jahre [MUNLV-NRW, 2003]

Wenn die Reinigungsleistungen gut sind, stellt sich die Frage nach dem Verbleib und der Akkumulation der Schadstoffe. Die Messwerte aus dem Bodenfilter in Fulda zeigen eine deutliche Anreicherung aller Schwermetalle in der Bodenmatrix. Leider lagen hierfür keine Daten zur Reinigungsleistung vor. Es bleibt zu untersuchen, ob sich die Schwermetalle linear akkumulieren oder ob die Aufnahmefähigkeit mit der Zeit erschöpft sein wird und der Austrag im Ablauf sich erhöht.

Kosten

Das Handbuch für Bodenfilter NRW [MUNLV-NRW, 2003] weist verschiedene Kostenangaben aus. Bezogen auf die Filterfläche werden je nach Größe ca. 150 €/m² bei 6000 m² bis 300 €/m² bei 1000 m² Gesamtfläche ausgewiesen. Bezogen auf das Retentionsvolumen bedeutet das 100 €/m³ bei 10.000 m³ bis 250-300 €/m³ bei 1000 m³. Die spezifischen Kosten für das Einzugsgebiet werden mit ca. 10.000 €/ha Au (bei ca. 100 ha) bis 30.000 €/ha Au (bei ca. 10 ha) angegeben.

Die Kostenangaben in [LFU BW, 2002] liegen etwa auf dem gleichen Niveau. So werden für 1.000 m³ Nutzvolumen ebenfalls 300 €/m³ angegeben. Bei 2500 m³ liegen die Kosten bei ca. 200 €/m³.

Zur Zeit werden neue Bodenfilter geplant, die im unteren Kostenbereich liegen und deren technische Ausstattung auf ein Minimum reduziert ist.

Spezifische Kosten für Retentionsbodenfilteranlagen  in Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen

Die Kosten hängen dazu noch stark von der Lage am Auslauf und dem Gefälle des vorhandenen Kanalnetzes ab. Liegt die Sohle im Grundwasserbereich, so ist sie auftriebssicher zu gestalten. Dies erhöht die Baukosten erheblich. Dazu kommen die Kosten für Pumpenanlagen.  Nicht eingerechnet sind die Kosten für den Grunderwerb, die, je nach Standort, nicht unerheblich sein können.

Betriebskosten, Nutzungsdauer

Die hydraulische Leistungsfähigkeit und die Reinigungsleistung des Filters müssen durch regelmäßiges Abschälen der oberen Schichten (50-75 mm) aufrecht erhalten werden. Das erforderliche Intervall hängt von der Beaufschlagungsmenge der eingetragenen Fracht ab. Das Intervall kann durch Abschätzung der eingetragenen Feststoffmenge erfolgen. Diese kann je nach Eintrag bis zu mehreren cm pro Jahr betragen. Je nach Alter des Filters wird die eingetragene AFS-Fracht unterschiedlich eingebaut und mineralisiert. Der Filter darf dabei seine hydraulische Leistungsfähigkeit nicht verlieren. Hinweise auf die Abschälintervalle sind in den Hinweisen zu Aufbau und Betrieb nicht vorhanden [MUNLV-NRW, 2003] [LFU BW, 2002].

Wenn die Filterleistung sinkt, sollte abgeschält werden. Nach ca. 5-10 Abschälvorgängen ist das gesamte Filtermaterial auszutauschen, da sich auch die Poren in den unteren Schichten zusetzen. Als Standzeit kann eine mittlere Nutzungsdauer von 25 Jahren angenommen werden.

Die Betriebskosten steigen mit der Beaufschlagung des Filters. Je kleiner die Filterfläche in Bezug auf die angeschlossene Fläche, desto häufiger ist eine Reinigung bzw. ein Austausch des Filtermaterials erforderlich. Eine größere Filterfläche ist somit betrieblich günstiger, erhöht aber die Herstellungskosten [Urbonas, 1999].

Zusätzlich zu den Kosten für die Beräumung der Oberfläche fallen i.d.R. Pumpkosten für die Hebung des Wassers an. Oft sind die Bodenfilter, speziell in flachen Einzugsgebieten, nur unter Wiederanhebung  des Wassers auf das ursprüngliche Kanalniveau bzw. auf das Niveau des Vorfluters zu realisieren.

Planung, Bemessung, Bau

In Deutschland existieren zwei leicht unterschiedliche Bemessungsansätze.

In Baden-Württemberg wird durch die Bemessung der Absetzanlage ein Volumen von 44 m³/ha erforderlich. Dies ist bedingt durch die Bemessungsregenspende von 120 l/(s*ha).
Verf.=(Au*r15,1*hB*3,6)/qA

Bodenfilter: hmax=1m

Die zulässige Entlastungsrate ezul=Vqe/VQr*100 [%] ist mit Genehmigungsbehörde abzustimmen. Die Entlastungsrate muss nachweislich kleiner ezul sein.

Die hydraulische Filterbelastung (jährliche Beschickungshöhe) wird wie folgt errechnet:

hs (Stapelhöhe) =VQf/Af [m/a],
mit hs # 40 (hs zul) [m/a]

Die zulässige Beschickungshöhe (Stapelhöhe) hS sollte maximal 40 [m/a] (VQf/Af) im Mittel für Straßenentwässerung und Trennsystem betragen, im Einzeljahr sind 60 m/a erlaubt. [LFU BW, 2002]

In Nordrhein-Westfalen wurde die Bemessungsrichtlinie in einem Bodenfilterhandbuch veröffentlicht. Sie unterscheiden sich geringfügig von den Bemessungsrichtlinien in Baden-Württemberg [MUNLV-NRW, 2003]. Im Jahr 2016 gibt es dazu eine Neuauflage.

Vor der Bemessung müssen die Zielgrößen für die Dimensionierung definiert werden. Dazu zählen hydraulischer Stress, O2-Defizit, NH3-Toxizität, Phosphor und Stickstoffgehalte, Feststoffe und Schwermetalle und nicht zuletzt die Hygiene. Diese Zielgrößen haben Einfluss auf den Drosselabfluss, die Entlastungshäufigkeit und den hydraulischen Wirkungsgrad. Diese Zielgrößen basieren im Wesentlichen auf dem Merkblatt BWK M3 [BWK-M 3, 2001].

Zielgrößen für die Dimensionierung von Retentionsbodenfiltern

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Wegweiser

Autor
Prof. Dr.-Ing. Heiko Sieker
+49 3342 3595-0
h.sieker[at]sieker.de
Dr.-Ing. Harald Sommer
+49 3342 3595-16
h.sommer[at]sieker.de